Die Seehandelssperre.
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gewesen, weil nach Art. 18 der Londoner Erklärung der Zugang zu neu
tralen Häfen und Küsten nicht versperrt werden darf.
Für die Teilblockaden haben England und Frankreich Erweiterungen
oder Auslegungen des Blockaderechts zu ihrem Vorteile vorgenommen.
Den Umstand, daß eine einheitliche Auffassung über die Frage, wann
die Kenntnis der Blockade vermutet werden könne, nicht bestand,,
haben die englische Verordnung vom 20. August 1914 und das französische
Dekret vom 25. August 1914 benutzt, um eine neue Vermutung auf
zustellen. Die Kenntnis der Blockade sollte außer den in der Londoner
Erklärung enthaltenen Fällen hei allen Schiffen vermutet werden, die nach
Bekanntgabe der Blockade an die Ortsbehörden aus einem feindlichen
Hafen ausgelaufen sind oder einen solchen angelaufen haben, wenn in
zwischen die feindliche Regierung ausreichende Zeit zur Verständigung
der Schiffe gehabt hatte. Diese Vermutung hat die englische Verord
nung vom 29. Oktober 1914 aufgegehen.
Nach englisch-amerkanischem Gewohnheitsrechte kann Schiff und
Ladung seihst dann wegen Blockadebruches weggenommen werden, wenn
es nach einem neutralen Hafen fährt, aber das Endziel der Reise ein
blockierter Hafen ist. Der Art. 19 der Londoner Erklärung verwirft die
Beschlagnahme wegen Blockadehruches, wenn sich das Schiff derzeit auf
der Fahrt nach einem nicht blockierten Hafen befindet, wie auch immer
die spätere Bestimmung von Schiff oder Ladung sein mag. England hat
sich an diesen Grundsatz gehalten, solange es sich freiwillig an die Lon
doner Erklärung band; mit der Verordnung vom 7. Juli 1916 ist es auch in
dieser Hinsicht zu der, seinem Gewohnheitsrecht entsprechenden, Anwen
dung des Grundsatzes von der fortgesetzten Reise zurückgekehrt. Damit
wurde jeder neutrale Hafen, nach dem eine neutrale Ladung an Bord eines
neutralen Schiffes befördert wurde, im Ergebnisse, hinsichtlich der Schiffe
und Waren mit feindlicher Endbestimmung, zu einem blockierten Hafen.
d) Die Fernblockade.
Trotz der Ausdehnungen des Seebeuterechts und der Verschärfungen
des Konterbandereohts konnten die Alliierten eine völlige Absperrung
Deutschlands zur See nicht erreichen, da eine effektive Blockade der
ganzen deutschen Küste nicht möglich war. Sie schritten zu einer neuen
Sperrmaßnahme, die unabhängig von dem Erfordernisse der Effektivität
im überlieferten Sinn alle Waren feindlicher Herkunft und
feindlicher Bestimmung am Erreichen ihrer Ziele hinderte.
Daß man damit die überlieferten Schranken der Eingriffe in den See
handel, insbesondere der Neutralen überschritt, dessen war man sich
bewußt, denn die englischen und französischen Verordnungen führen sich
als Maßregeln der Vergeltung gegen die deutsche Kriegsgebiets
erklärung und den Unterseebootkrieg ein.