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10. Lohnpolitik.
Die Arbeiterclasse ist bisher durch die Staatsgewalt immer
vernachlässigt worden, und mag diese Vernachlässigung mit
daran Schuld sein, dass diese, obgleich die zahlreichste, zu
gleich die schwächste und unbehiilflichste der gesellschaftlichen
Classen ist.
Eine der wichtigsten Aufgaben des modernen Staates ist
es, diesen Fehler wieder gut zu machen, und steht seiner Thä-
tigkeit in dieser Beziehung ein weiter Wirkungskreis offen.
Es kann natürlicherweise die Rede nicht davon sein, die
Lage der Arbeiterclasse bis zur Abschaffung der Stände hinauf
zu verbessern. Es sollte nur die Möglichkeit für den Einzelnen
geschaffen werden, sich durch eigene Thätigkeit und Geschick
lichkeit empor zu arbeiten. Die Arbeiterclasse aber als solche
muss bestehen und muss fortwährend um eine Besserung ihrer
Lage kämpfen, wenn die Cultur nicht rückwärts gehen soll.
Eine wirkliche und dauernde Besserung in der Lage der
Arbeiterclasse muss in erster Linie gesucht werden in einer
gesteigerten Gesammtproduction, in zweiter Linie erst in einer
für die Arbeiterclassen günstigeren Vertheilung. Wo nur diese
letztere erreicht würde, da würden auch weniger Capitalien er
spart werden können, und der Lohn würde folglich wiederum
sinken.
Diese beiden Bedingungen nun können nicht auf eine an
dere Weise erfüllt werden, als durch eine bessere Erziehung
und Organisation der Arbeiterclasse, und stehen dem Staate
mancherlei Mittel zur Verfügung, um diese Erziehung und
diese Organisation zu verwirklichen.
1. In Betreff der Volkserziehung sollte der Staat es
nicht unterlassen, zu Zwangsmassregeln zu greifen, wenn nicht
auf andere Weise zum Ziel zu kommen ist. Die Nothwendig-
keit des obligatorischen Unterrichts wird wohl heute schwerlich
bestritten werden können, und sie schliesst durchaus keine Be-
mk
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