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War die Regelung der gewerblichen Kinderarbeit notwendig?
532 283 allein gewerblich tätige Kinder sind ermittelt, und in
der Begründung des Entwurfs wird gesagt: „Die ermittelte Zahl
bleibt hinter der Wirklichkeit noch zurück, da bei der Untersuchung
nicht alle Gebiete des'Meiches und nicht alle Zweige der gewerblichen
Tätigkeit berücksichtigt sind." Ich füge hinzu: Und keine Statistik
hat ermittelt, wie viele Kinder bereits vor Beginn der Schulpflicht
gegen Lohn arbeiten. Es ist ein Kapitel zum Weinen. Not, Eigen
nutz und Wettbewerb feiern da Triumphe. Ter Staat mußte ein
schreiten.
A. Notwendigkeit aus.hygienischen Gründen.
1. Kinder arbeiten in gesundheitsschädlichen und
gesundheitsgefährlichcn Werkstätten und deren Be
trieben.
Die Motive führen aus, daß 306 823 (d. h. 57,64 Prozent)
sämtlicher gewerblich tätiger Kinder in der Industrie arbeiteten,
und sie heben die Notwendigkeit des völligen Verbots der
Arbeit (§ 4) wie folgt, hervor:
„Bei den übrigen im Verzeichnis aufgeführten Betrieben handelt es sich
zunächst um solche Werkstätten, in welchen die Kinder der Einatmung von
Staub ausgesetzt sind, der entweder mechanisch oder chemisch namentlich auf
den jugendlichen Organismus schädlich einwirkt, und zwar in erster
Linie um diejenigen Werkstätten, in denen harter, spitziger und scharfkantiger
Mineralstaub auftritt, welcher die Schleimhäute der Atmungsorg ane
verletzt.
Zu ihnen sind zu rechnen zunächst die Wcrtkstätten zur Verfertigung
von Schieserwaren, Schiefertafeln und Griffeln, in denen die stauberzeugenden
Arbeiten des Abreibens der Schiefertafeln, des Sttgens, der Bearbeitung der
zugeschnittenen Schieferstücke in Durchstoßmaschineu, des Anschleifens der
Griffelspitzcn und des Abrundens der Griffel vorgenommen werden; ferner
die Werkstätten der Steinmetzen (Steinhauer), der Steinbohrer, -schleifer und
-Polierer und der Perlmutterverarbeitung, in denen sich bei dem Zurichten,
Behauen, Klarschlagen, Sägen, Spitzen, Bohren, Schleifen und Polieren der
Steine und Muschelschalen Staub entwickelt: endlich die Kalkbrennereien, in
denen Kinder mit den stauberzeugenden Arbeiten des Eiuschichtens der Kalk
steine in den Öfen und mit dem Ausladen beschäftigt oder innerhalb der
noch nicht völlig ausgekühlten Öfen gesundheitsschädlich hoher Tempe
ratur ausgesetzt werden.