Anhang II. Ausführungsbestimmungen für Preußen. 135
D. Anzeige int Falle der Beschäftigung fremder Kinder.
(§ io.)
9. Die im § 10 des Gesetzes vorgesehene Verpflichtung des Arbeit
gebers zur schriftlichen Anzeige an die Ortspolizeibehörde vor dem Beginne
der Beschäftigung greift in allen den Fällen Platz, wo Kinder ohne Unter
schied des Geschlechts, die als fremde Kinder im Sinne des Gesetzes (§ 3
Abs. 2) gelten, in Betrieben, welche als gewerbliche im Sinne der Ge
werbeordnung anzusehen sind, beschäftigt werden sollen. Zu den gewerblichen
Betrieben gehören die öffentlichen Erziehungsanstalten nicht. Auf die Land
wirtschaft und ihre Nebenbetriebe sowie auf die häuslichen Dienstleistungen
(Kinderpflege, Auftvartung und dergl.) erstreckt sich das Gesetz nicht.
Als fremde Kinder gelten insbesondere auch die in den Hausstand
aufgenommenen nicht zur gesetzlichen Zwangserziehung (Fürsorgeerziehung)
überwiesenen Waisen-, Zieh- und Pflegekinder, soweit sie nicht mit demjenigen,
welcher sie beschäftigt und zu dessen Hausstande sie gehören, oder mit dessen
Ehegatten bis zum dritten Grade verwandt oder von diesen Personen an
Kindesstatt angenommen oder bevormundet sind (§ 3 Abs. 1, Ziffer 1, 2 des
Gesetzes), sowie solche zur gesetzlichen Zwangserziehung (Fürsorgeerziehung)
überwiesenen Kinder, welche nicht zugleich mit eigenen Kindern im Sinne
des § 3 Abs. 1 Ziffer 1, 2 des Gesetzes von demjenigen, welchem sie über
wiesen sind und zu dessen Hausstande sie gehören, beschäftigt werden. Als
Zwangs- oder Fürsorgeerziehung im Sinne des Gesetzes gilt jede behördlich
angeordnete Erziehung, durch welche ein Kind zur Verhütung der Verwahr
losung in einen fremden Hausstand eingewiesen wird. Diese Voraussetzung
liegt sowohl im Falle des § 56 des Neichsstrafgesetzbuches, wie in den Fällen
des Z 1666 des Bürgerlichen Gesetzbuches, des Artikels 135 des Einführungs
gesetzes zu diesem und in den Fällen der Unterbringung auf Grund des
Gesetzes über die Fürsorgeerziehung Minderjähriger vom 2. Juli 1900 (GS.
S. 264) vor. Im Falle des 8 1838 des Bürgerlichen Gesetzbuchs trifft
sie bei Waisen nur dann zu, wenn die Anordnung zur Verhütung der
Verwahrlosung, nicht aber aus sonstigen Gründen erfolgt ist.
Für die Verpflichtung zur Anzeige ist es unerheblich, ob die Beschäf
tigung der fremden Kinder auf Grund eines gewerblichen Arbeitsvertrages
erfolgt oder ob sie nur tatsächlich beschäftigt werden, ebenso ob die Beschäf
tigung gegen Entgelt stattfindet oder nicht. Auch die Dauer der Beschäftigung
ist für die Verpflichtung zur Anzeige im allgemeinen ohne Bedeutung. Nur
in solchen Fällen, wo die Beschäftigung der fremden Kinder bloß ge
legentlich mit einzelnen Dienstleistungen erfolgt, ist die Anzeige
nicht erforderlich. Diese Voraussetzung liegt dann nicht vor, wenn die Be
schäftigung in gewisser Folge regelmäßig wiederkehrt.
Zu den fremden Kindern im Sinne des Gesetzes sind nicht zu rechnen
und der Anzeigepflicht unterliegen daher ferner nicht.