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Es ist klar, daß durch den gesteigerten Geschäftsverkehr die
Gefahr von Nervenerkrankungen, Erkrankungen der Atmungsorgane
infolge des lange dauernden Aufenthalts in den Arbeitsräumen,
die trotz H.G.B. § 62 bei dem Mangel einer fachmännischen
Aufsichtsbehörde (Handelsinspektoren) auch heute noch vielfach
ungenügend eingerichtet sind, gesteigert wird.
Die Möglichkeit, sich fortzubilden, die dem Kaufmann von
heute unbedingt gewährt werden muß, wird ebenfalls, wie die
Gesundheit, durch die lange Sonntagsarbeit beeinträchtigt.
Tausendfach mehr als zu Goethes Zeiten gilt heute das
Wort, das der Altmeister deutschen Geisteslebens vom Kaufmanns
stand gesprochen hat:
„Ich wüßte nicht, wessen Geist regsamer ist, regsamer sein
müßte, als der eines deutschen Kaufmanns."
Die großen Anforderungen, die heute an den Kaufmann
gestellt werden, setzen nicht bloß eine umfassende Gesamt- und
Fachbildung, sondern auch eine andauernde Fortbildung voraus.
Die Verhältnisse des Wirtschaftslebens, mit denen der Kaufmann
rechnen muß, sind zum Teil nicht bleibend, sie verändern sich;
mit diesen Veränderungen muß nicht bloß die Energie und
Arbeitskraft, sondern auch das Wissen des Kaufmanns Schritt
halten. Verkürzung der Arbeitszeit, wie sie vor allem im freien
Sonntag liegt, würde von den Prinzipalen und Handlungsgehilfen
nicht nur zur Wiederherstellung der erschlafften Arbeitskraft in
der Natur, sondern auch zur Arbeit an der eigenen Fortbildung
verwendet werden.
Dagegen erklären wir mit Entschiedenheit auch an dieser
Stelle uns gegen jeden kaufmännischen Fortbildungsschul
unterricht der Lehrlinge am Sonntag-; für diesen Teil der
Ausbildung neben der praktischen Lehre eignet sich nur der Tages
unterricht an Werktagen. Ebenso bedenklich ist die Schädigung
des Familienlebens, die mit der sich über sieben Tage der Woche
hinziehenden Arbeit notwendigerweise eintreten muß. In einem
gesunden Familienleben sieht das deutsche Volk mit Recht eine
starke Wurzel seiner Kraft. Im Schoße der Familie, angeleitet