Full text: Die Zeit der preußischen Freihandelspolitik

Richtung hin ausbilden sollte, daß sie das Ideal reiner Finanz 
zölle -—■ vielleicht nicht erreicht, aber ihm doch näher strebt.“ 
Und noch am 22. November 1875 hielt er es für notwendig, 
,,daß wir in unseren Zöllen uns frei machen von dieser zu großen 
Masse von zollpflichtigen Gegenständen, daß wir uns auf das 
Gebiet eines reinen einfachen Finanzzollsystems zurückziehen 
und alle diejenigen Artikel, die nicht wirklich Finanzartikel 
sind, d.h. nicht hinreichenden Ertrag geben, über Bord werfen 
und die zehn oder fünfzehn Artikel, die die größten Einnahmen 
gewähren, soviel abgeben lassen, wie wir überhaupt aus der 
Zoll quelle für unsere Finanzen nehmen wollen.“ 
Der nächste wichtige Schritt auf dem Wege zu diesem 
Ziel war der Handelsvertrag mit Österreich vom 9. März 1868. 
Der Vertrag brachte wieder sehr wichtige Zollermäßigungen, 
die jetzt nicht mehr ausschließlich Österreich zugute kamen, 
sondern auf alle Vertragsstaaten ausgedehnt wurden. 
Von großer Bedeutung für die Erleichterung des Einfuhr 
verkehrs war dann die Erneuerung des Zollgesetzes, die 1869 
vorgenommen wurde. 
Das Gesetz, wie es seit 1838 im Zollverein bestand, be 
ruhte auf dem preußischen Zollgesetz von 1818. Es stammte 
aus einer Zeit, in welcher der Frachtfuhrmann noch den Ver 
kehr vermittelte und Dampfschiffe und Eisenbahnen noch 
nicht in Gebrauch gekommen waren. Unter der alten Verfassung 
des Zollvereins war eine Reform nicht durchführbar gewesen. 
Ras Zollparlament nahm sie in Angriff und am 1. Juli 1869 
"wurde das neue Gesetz erlassen. Für dieses Gesetz waren fol 
gende Gesichtspunkte maßgebend: 
1. Möglichste Erleichterung der Zollabfertigung in bezug 
a uf die Zeit, zu welcher sie stattfinden darf, sowie in bezug 
auf die Anzahl, Lage und Kompetenz der Zollstelle •— besonders 
Milderung der Deklarationspflicht. 
2. Möglichste Erweiterung des Ansageverfahrens und des 
Riederlageverkehrs — vor allem Beseitigung der bisherigen 
Beschränkung auf Kaufleute, Spediteure und Fabrikanten. 
3. Zulassung jeder Veränderung (Umladung, Umpackung, 
Teilung), der vom Ausland eingegangenen und noch nicht in 
den freien Verkehr gesetzten Waren auf dem Transport, soweit 
er unter amtlicher Aufsicht geschieht.
	        
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