Full text: Kaufmanns Herrschgewalt

IV. Das gemeinschaftliche Interesse von Arbeit und Kapital. 
Sie, die in dieser Welt Ihren Lebensunterhalt erwerben müssen, 
zunächst das Fach oder die Kunst gründlich kennen lernen, welche 
Sie ernährt; Sie sollten danach streben, Ihr eigenes Geschäft so 
gut zu kennen, daß Sie in Ihrer Spezialität zum Sachverständigen 
werden. Wenn Sie Mechaniker sind, dann studieren Sie alle 
Werke, die über Mechanik handeln; als Chemiker jedes Werk, 
welches auf Chemie Bezug hat; sind Sie an den Schmelzöfen 
beschäftigt, jedes Werk über Schmelzöfen; in den Bergwerken, 
jedes Werk über Bergwerke. Gestatten Sie niemandem, über 
Ihre eigene Spezialität mehr zu wissen, als Sie selbst wissen. 
Das sollte Ihr Ideal sein. Ferner ist es notwendig — wenn auch 
weniger wichtig — eine gewisse Frische in Ihr Leben zu bringen: 
alles durcheinander und etwas über alles zu lesen, soweit es 
Ihre Zeit erlaubt. Gerade wie der Ackerbauer zuerst nach seinem 
Korn, seinem Weizen und seinen Kartoffeln sieht, von denen 
er seine Einnahmen zieht, seine Mußestunden aber zur Pflege 
von Blumen rings um sein Haus verwendet, gerade so sei für 
Sie das eine ein Feld der Arbeit, und das andere ein Feld der 
Erholung. 
In diesen Zeiten des Überganges, des Kampfes zwischen Arbeit 
und Kapital dürften Sie einige Ihrer Mußestunden kaum besser 
anwenden, als zum Studium volkswirtschaftlicher Fragen. Es gibt 
gewisse unumgänglich große Gesetze: Das Gesetz von Angebot 
und Nachfrage; das Gesetz der Wettbewerbe, sowie das Gesetz 
der Löhne und des Gewinnes; all das werden Sie in den Büchern 
finden; und halten Sie es fest im Gedächtnis. Es ist ebenso 
unmöglich, die Wirkung dieser Gesetze zunichte zu machen, wie 
die Gesetze der Natur einzuschränken, welche die Feuchtigkeit 
der Luft oder die Drehung der Erde um ihre Achse bestimmen. 
Das ernste Studium der wissenschaftlichen Werke sollte das gleich 
wichtige Studium der Werke der Literatur nicht ausschließen, 
und vor allem nicht die Lektüre von Dichtungen. Nach meiner 
Ansicht ist die Meinung, welche an vielen Stellen gegen die 
schöne Literatur besteht, ein Vorurteil. Ich weiß, daß einige, ja, 
sogar die meisten hervorragenden Männer, in einer guten Dich 
tung das beste Mittel für Genuß und Rast fanden. An Geist 
Und Körper — und vor allem durch geistige Arbeit — erschöpft,
	        
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