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Politische Lasten auf sich zu nehmen. Macht man nun die Höhe der Beitragssätze
von den Beschlüssen der Betriebsinhaber oder ihrer Vertreter abhängig, dann läßt
sich voraussagen, daß sie jeder Erhöhung der Prämien ihre Zustimmung syste
matisch versagen werden. Nicht weniger gewiß ist cs, daß eine Unternehmer-
majorität im Vorstande der Unfallverhütung keinerlei Sympathie entgegenbringen
wird. Selbst Beitragshinterziehungcn fanden bisher eine milde Beurteilung. Die
Anstaltsbureankratie wird sich aber notgedrungen, um ihre eigenen Interessen nicht
zu gefährden, der Vorstandsmajorität anpassen.
Der Vorstand der territorialen Unfallversichernngsanstalten besteht gegen
wärtig zu je einem Drittel aus gewählten Vertretern der Unternehmer und der
Arbeiter und den von der Negierung ernannten Mitgliedern. Da die Regierung
bei den Ernennungen sich seit langer Zeit von politischen Motiven leiten läßt,
besteht gegenwärtig eine geschlossene Majorität der Unternehmer in den Vorständen.
Hier wäre eine durchgreifende Reform notwendig. Die Vorlage schlägt aber den
Weg der Verschlechterung und nicht der Verbesserung ein, da der Vorstand künftig
zu zwei Dritteln aus Unternehmern und zu einem Drittel aus Versicherten bestehen
soll. Der Obmann ist aus den Reihen der Unternehmer, der Obmannstellvertreter
aus den der Versicherten zu wählen. Nur in Angelegenheiten der Unfallverhütung
und -Entschädigung soll der Vorstand in einer Zusammensetzung von gleich vielen
stimmberechtigten Vertretern der Betriebsinhaber und Versicherten entscheiden.
Die Zweidrittelmajorität der Bctriebsinhaber wird nun sicherlich dazu be
nützt werden, den Unternehmern jede Unbequemlichkeit aus dem Wege zu räumen,
wo es sich um Ersatzansprüche aus Betriebsunfällen, um Einhaltung des Lohn-
listenzwanges, um die Meldevorschriftcn, um strafweise Prämicnzuschlägc bei Nicht
beachtung der Unfallverhütungsvorschriften rc. handelt. Vor allem wird es noch
weniger als bisher gelingen, den Beitragstarif so zu gestalten, daß künftig Aus
fälle vermieden werden. Alles Streben wird dagegen darauf gerichtet sein, an den
Renten zu sparen und die Prämicnsätze hcrabzudrücken.
Diesem Sparsystcm wird die Parität der Versicherten und der Unternehmer
in Angelegenheit der Unfallentschädigung kein Hindernis bereiten. Die Parität ist
in Wirklichkeit nur eine scheinbare. Vor allem kann nach der Regierungsvorlage
das Ministerium des Innern Vorschriften erlassen, die für die hauptsächlichsten
Verlctzungsfolgcn das Maß der Entschädigung und die Festsetzung von Maximal-
und Minimalsätzcn näher bezeichnen. Das heißt: Die Direktoren der Anstalten
werden dem Ministerium des Innern jene ihnen erwünschten Aenderungen der
Schiedsgcrichtspraxis zur Kenntnis bringen, durch welche erhebliche Ersparnisse
erzielt werden können.
Die Einflußsphäre des Vorstandes wird also gerade in jenen Angelegen
heiten eine Einschränkung erfahren, in welchen die Arbeitervcrtreter die Hälfte der
Stimmen erhalten sollen.
Noch weiter geht in dieser Richtung die Bestimmung, daß die Beschluß
fassung über die Unfallentschädignngcn dreigliedrigen Ausschüssen obliegt, die aus
einem Unternehmer, einem Versicherten und einem Anstaltsbeamten bestehen sollen.
Der Zweck ist auch hier offenkundig die Lahmlegung der Vertreter der Versicherten
und die Ausschaltung der Parität.
Die Einflußnahme der Versicherten wird aber noch mehr dadurch einge
schränkt werden, daß die Anstellung und Entlassung, die Vorrückung und Be
soldung der Beamten ausschließlich von der Zweidrittelmajorität der Unternehmer
abhängig sein wird. Man mag sich vorstellen, wie groß der Eifer der Angestellten
sein wird, an allem Anderen zu sparen, um nur ja den Wünschen nach Beitrags-
Herabsetzung gerecht zu werden. Die Organisationsvorschläge der Regierung tun
demnach ein Uebriges, um allen Gedanken und Handlungen der Unsallvcrsichcrungs-
anstalten künftig nur die eine Richtung zu geben: Sparen ans Kosten der Arbeiter!