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Fällen jedoch, in denen der Besitzer Gerste zulässigerweise zu einem höheren Preise als dem
Höchstpreise erworben hatte, mußte der Einstandspreis berücksichtigt werden. Die grundsätzlichen
Fragen, inwieweit dem Besitzer Zinsen, Lagerkosten und Ersatz für Schwund zu zahlen seien,
wurden durch Verständigung mit dem Königlich Preußischen Kriegsministerium geklärt. Indessen
ergaben sich im Einzelfalle bei der Festsetzung noch besondere Schwierigkeiten. Am 12. März,
dem Tage, mit dessen Beginn die Gerste beschlagnahmt wurde, befand sich sehr viel ausländische
Gerste in Deutschland, für die erheblich höhere Preise (bis 650 M. für die Tonne) als der
damalige Höchstpreis (270 M. bis 295 M. für die Tonne) gezahlt waren. Auch diese Gerste
war abzuliefern. Es bedurfte hierbei eingehender Feststellungen, ob derjenige, der ausländische
Gerste lieferte, den Preis, den er verlangte, bezahlt hatte. Gehörte diese Nachprüfung auch
zunächst zu den Aufgaben derjenigen Stellen, denen die Gerste überwiesen wurde, also im wesent
lichen zu denen der Proviantämter, so bedurfte es doch auch sehr oft des Eingreifens der Zentral
stelle, um eine Klärung herbeizuführen.
Der Einstandspreis war fernerhin bei inländischer Gerste zu berücksichtigen, die von den
Besitzern zu einem höheren Preise als dem Höchstpreise erworben war. In einem derartigen
Erwerb lag kein Verstoß gegen die Höchstpreisbestimmungen, weil bis zum 19. Dezember 1914
für die Gerste, die mehr als 68 kg pro Hektoliter wog, keine Höchstpreise festgesetzt waren, und
solche auch später nicht für Saatgetreide galten, das nachweislich aus landwirtschaftlichen Be
trieben stammte, die sich in den letzten zwei Jahren mit dem Verkauf von Saatgetreide
befaßt hatten.
Alle die Verteilung von Gerste betreffenden grundsätzlichen Fragen legte die Zentralstelle
ihrem Beirat vor, der sich mit ihnen in einer Reihe von Sitzungen befaßte. Soweit sich dieser
zur Entscheidung nicht für zuständig erachtete, unterbreitete die Zentralstelle diese Zweifelsfragen
dem Reichsamt des Innern, das die Zentralstelle u. a. erinächtigte, Gerste in begrenztem Um
fange Malzfabriken zwecks Herstellung von Malzextrakt zu pharmazeutischen Zwecken, und
Brennereien zum Brennen von Kartoffeln freizugeben. Letzteres erwies sich insbesondere mit
Rücksicht auf die bei der Reichsstelle für Kartoffelversorgung übrig gebliebenen Kartoffelmengen
als erforderlich.
Der weitaus größte Teil der Gerste wurde bestimmungsgemäß zur Streckung der Hafer
vorräte verwandt. Denjenigen Kommunalverbänden, in denen ein dringender Bedarf nach
Pferdefutter bestand, und denen nicht genügend Hafer geliefert werden konnte, wurde Gerste
überwiesen. In den städtischen Kommunalverbänden machte sich zwar anfangs ein Widerstand
gegen die Uebernahme von Gerste geltend, da diese im allgemeinen wesentlich teurer war als
Hafer und auch eine besondere Behandlung vor der Verfütterung verlangte (Schroten usw.),
mit der die städtischen Pferdebesitzer nicht genügend vertraut zu sein schienen. Es gelang in
dessen in allen Fällen, die Kommunalverbände von der Notwendigkeit der seitens der Zentralstelle
getroffenen Maßnahmen zu überzeugen.
Alle Mengen an Gerste, die nicht dringend für andere Zwecke gebraucht wurden,
wurden den Proviantämtern überwiesen. Es zeigte sich jedoch, daß damit der Bedarf der Heeres
verwaltung noch nicht gedeckt werden konnte; um weitere Mengen heranzuziehen, wurde daher
die Bundesratsverordnung vom 9. März 1915 durch diejenige vom 17. Mai 1915 (Neichs-Gesetzbl.
S. 282) abgeändert. Brauereien, denen bisher gestattet war, Gerste in gewissem Umfange zu
verarbeiten, durften von nun an überhaupt keine Gerste mehr verarbeiten und mußten die in
ihrem Besitz befindliche Gerste abliefern. Durch diese Bundesratsverordnung wurde ferner
angeordnet, daß nochmals eine Bestandsaufnahme der Gerste in Brauereien und gewissen land
wirtschaftlichen und gewerblichen Betrieben stattzufinden habe.
Nachdem die Ergebnisse dieser Bestandsaufnahme vorlagen, begann die Zentralstelle
danüt, auch diese Mengen zu verteilen. Es liefen jedoch bald sowohl bei der Zentralstelle sowie
auch sonst bei Reichs- und Landesbehörden zahlreiche Anträge ein, in denen die Brauereien und
Mälzereien auf das dringendste baten, ihnen die in ihrem Besitz befindliche Gerste zu belassen.
Sie machten geltend, daß sie Gerste neuer Ernte erst längere Zeit nach der Ernte verarbeiten