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Berlin W. 66, den 24. Mai 1916.
Leipziger Straße 4.
Zentralstelle zur Beschaffung
der Heeresverpflegung.
Geschüftsnummer: A 19700.
*%Hit Ausbruch des Krieges hatte die Heeresverwaltung für die vermehrte Verpflegung
des Heeres mit Brvtgctreide, Hafer, Gerste, Heu, Stroh und lebendem Vieh in geeigneter Weise
Vorsorge zu treffen.
Die erste Frage, die es dabei zu entscheiden galt, war die, ob der Bedarf zwaugswcisc
oder durch freien Ankauf gedeckt werden sollte. Die Grundlage für die zwangsweise Beschaffung
bot das Gesetz über die Kriegsleistungen vom 13. Juni 1873 (Reichs-Gesetzbl. S. 129). Nach
diesem ist der Bundesrat berechtigt, für jeden Lieferungsvcrband (Kreis usw.) einen bestimmten
Anteil an dem Gesamtbedarf des Heeres an Brotgetreide, Hafer, Futtergerstc, Heu, Stroh und
lebendem Vieh festzusetzen, und die Lieferung der festgesetzten Mengen von dem Licfcrungsverbande
zu verlangen (Landlieferungen).
Hätte sich auch auf diese Weise der Bedarf des Heeres vielleicht decken lassen, so erschien
es doch unzweckmäßig, auf das Gesetz vom 13. Juni 1873 zurückzugreifen, weil sich inzwischen
die wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich verändert hatten.
Bei dem freien Ankauf zeigten sich jedoch schon in den ersten Tagen erhebliche Schwierig
keiten. Das Bestreben jedes einzelnen Proviantamtes ging dahin, gerade für sich möglichst große
Mengen zu beschaffen. Dadurch ergab sich ein unerwünschter Wettbewerb der Proviantämter
untereinander, durch den die Preise unverhältnismäßig schnell in die Höhe getrieben wurden.
Um die Frage zu klären, wie angesichts der vorstehend geschilderten Sachlage die
Hceresverpflegung am besten sichergestellt werden könnte, fand am 11. August 1914 auf Ver
anlassung des Herrn Reichskanzlers im Reichsamt des Innern eine Besprechung der beteiligten
Ressorts unter Hinzuziehung von Vertretern der landwirtschaftlichen Körperschaften des Deutschen
Reiches statt. In dieser Sitzung wurde nach Anhörung von Vertretern des Getreidchandels
beschlossen, eine zentrale Organisation ins Leben zu rufen, die sich in den Dienst der Beschaffung
der Heeresverpflegung stelle» sollte. Auf Anregung aus der Mitte der Anwesenden wurde ein
Ausschuß von acht Herren eingesetzt. Dieser wählte zu seinem Vorsitzenden den Wirklichen
Geheimen Rat 14. Dr. Mehnert und zu dessen Stellvertreter den Vorsitzenden der Landwirt
schaftskammer für die Provinz Pommern, Freiherrn von Wangenheim.
Der Ausschuß erhielt die Aufgabe, mit größter Beschleunigung die „Zentralstelle zur
Beschaffung der Heeresverpflegung" einzurichten. Durch Verfügung des Herrn Reichskanzlers
(Reichsamt des Innern) vom 22. August 1914 wurde die Zentralstelle als eine dem Reichsamt
des Innern angegliederte Reichskommission mit behördlichem Charakter anerkannt, und ihr zur
Wahrnehmung der bei Vergebung und Verteilung der Lieferungen in Frage kommenden öffent
lichen und Reichsinteressen sowie der allgemeinen Aufsicht über den Geschäftsbetrieb ein Reichs
kommissar in der Person des Geheimen Oberregierungsrats und vortragenden Rats im Reichs-