Full text: Der Wirtschaftskampf der Völker und seine internationale Regelung

zu Gunsten der alliierten und assoziierten Mächte in den Friedensschlüssen 
von Versailles und St. Germain (1919) erfolgt. Als Hauptziel galt den 
Mitgliedern der Entente die Fortsetzung des wirtschaftlichen Krieges 
bis zu einem Zeitpunkte, in dem das angestrebte Ziel der wirtschaft 
lichen Niederlage und der längeren Ausschaltung der Volkswirtschaft 
der Mittelmächte aus dem internationalen Wettbewerb erreicht war. 
Daraus ergab sich für die Entente der Versuch einer im voraus nicht be 
grenzten Fortsetzung des wirtschaftlichen Krieges, selbst nach dem Ende 
des militärischen Krieges („War after war“). Für die Mittelmächte dagegen 
mußte sich als Ziel der Kriegführung die allgemeine und endgültige Be 
endigung aller Feindseligkeiten •— insbesondere auch der auf wirtschaft 
lichem Gebiet — heraussteilen. 
Betrachten wir zunächst den Ausgangspunkt für die Bewertung des 
Wirtschaftskrieges auf Seite der Entente grundsätzlich, so zeigt sich, 
daß sie in ihm ein rechtmäßiges Mittel der Verteidigung 
gegen die deutschen Methoden wirtschaftlicher Ex 
pansion erblickte. 
Die Mittelmächte wieder sahen von ihrem, aus dem überlieferten 
Völkerrechte abgeleiteten Rechtsstandpunkt im Wirtschaftskriege nur 
eine grundsätzlich rechtswidrige Art der Kriegführung, 
die sie grundsätzlich bekämpften und deren sie sich, nur unter dem 
Gesichtspunkte der Vergeltung oder des Notstandes bedienten. 
Für den Endzweck dieser Untersuchungen ist es erforderlich, zunächst 
die grundsätzliche Verschiedenheit in der rechtlichen Auffassung des 
Krieges, den Gegensatz zwischen der englisch-amerikanischen 
und der kontinentalen Kriegsauffassung klarzulegen. 
2. Die Gegensätze in den grundsätzlichen Anschauungen vom Kriege. 
In der völkerrechtlichen Beurteilung des Wirtschaftskrieges 
bestand bereits beim Ausbruche des Krieges ein grundsätzlicher Gegen 
satz zwischen der englisch-amerikanischen und der kontinentalen Auf 
fassung vom Wesen des Krieges. 
Für die kontinentale Anschauung war der Krieg ein Kampf 
der Staaten mittels ihrer bewaffneten Streitkräfte, der Krieg somit ein 
militärischer Kampf. Diese Anschauung ist in Frankreich durch 
Rousseau im „Contrat social“ 1. I ch. 4 und durch Portalis bei 
Eröffnung des französischen Brisenhofes am 16. Floreal des Jahres VIII 
vertreten worden. Rousseau erfaßte den Krieg als „eine Beziehung 
zwischen Staat und Staat, bei dem die Bürger nur zufällig Feinde sind, 
nicht als Menschen, nicht einmal als Staatsbürger, sondern als Soldaten“. 
Er stellt somit den friedlichen Bürger in Gegensatz zum Soldaten; nur 
dieser ist ihm Träger der kriegsmäßigen Handlung, jener das leidende
	        
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