Der Rückfluß der Banknoten — eine Notwendigkeit der Stückelung.
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Diejenigen, die dem Gebaren der Notenbanken nur wenig Aufmerksamkeit
schenken, und das sind in der Regel alle, die weiter ab von der Börse und
tiefer in der Industrie stecken, kommen gewöhnlich etwas später zum Glauben
an den Umschwung. 2n der Fabrik arbeitet noch alles mit Hochdruck an der
Erfüllung der Lieferungskontrakte. Das sieht nicht nach Krise aus. Aber an
der Börse sucht man alles in Geld oder Geldforderungen zu verwandeln.
Wer Geld oder erstklassige Wechsel besitzt, kann getrost und mit Vergnügen
der Baisse entgegensehen. Vor dem Rückgang der preise und Kurse ist er
geschützt,- seine Forderungen lauten auf Geld und für dieses Geld erhält er
morgen mehr als heute und übermorgen noch mehr. Aber die Forderung
muß sicher sein, und kann die Baisse nicht viele Schuldner unsicher machen?
Muß sie es nicht mit Notwendigkeit? Da erscheint Vielen bares Geld ohne
Zins besser, als mancher Wechsel, den man noch gestern unbedenklich dis-
kontierte. So wird die Baisse regelmäßig von einer Krediteinschränkung be
gleitet. Das Akzept wird abgelehnt, die Prolongation verweigert,- Geld, bares
Geld will die Bank sehen.
Nun wird der Produzent, der gestern noch nicht an einen Umschwung
glauben wollte, stutzig, aber sollte er nicht wenigstens noch Zeit haben, lang
sam zu liquidieren? Er bezahlt darum den bei Ausbruch der Krise von der
Emissionsbank noch weiter erhöhten Zins (Abwehrzins), um nur nicht seine Waren
verschleudern zu müssen. Es handelt sich vielleicht nur um eine vorübergehende,
kurze Erscheinung? So hält der hohe Zinsfuß der Hausseperkode noch über
den Beginn der Baisse an, aber wenn ihn vorher der Schuldner mit Leichtigkeit
aus den Überschüssen, die die Haussedifferenzen lieferten, aufbrachte, wird er
jetzt von dem nach Luft schnappenden Unternehmer, aus seinem Kapital, von
seinem Herzblut gezahlt. Bei der Hausse waren es freiwillig unternommene,
neue Unternehmungen, für die er Zins zahlte,- er bezahlte also den Zins
auch freiwillig, aber die Liquidation oder Wetterführung des neuen Unter
nehmens ist keine freiwillige Handlung mehr. Der Unternehmer steckt jetzt
in einer Zwangslage — er muß den verlangten Zins zahlen. Und je länger
er für den Verkauf seiner Waren Zeit zu gewinnen sucht und den Wucher
zins zahlt — um so schlimmer für ihn. Den Letzten beißen die Hunde —
die Letzten, die vielen Letzten.
2m Sommer 190? bot die Lage der Reichsbank keinen Anlaß mehr
zu rasender Haussefreude,- es war nicht mehr viel Haussefutter aus ihr heraus
zuholen. Und in den anderen Goldwährungsländern waren die 2nflatkonen
auch nicht mehr weit von ihrem währungstechnischen Maximum, aber mancher
der ä la Hausse lag, glaubte doch noch Zeit zu haben, und mancher hielt es
sogar noch für nützlich, sich auf Vorrat mit Waren zu versehen. Da kamen
die interessanten Geldmanipulationnn der Könige von und in Amerika, und
die Goldcntnahmen aus der Deutschen Reichsbank für Amerika brachten das
deutsche 2nstitut gleich einen ordentlichen Ruck näher an die Minimaldcckung,-
so traten auch die Erscheinungen, die den Übergang von Hausse zu Baisse
begleiten, mit einem Ruck und in besonderer Deutlichkeit auf, so daß der
Zinsfuß den Reichsbankdiskont einen Rekord erleben lassen konnte. Um so
schneller haben sich auch die Erscheinungen der vollendeten Baisse eingestellt,