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Internationale Wahrung.
Schwindel gerichtete aktive Währungspolitik kann also unter Umständen zum
Bruch der Goldwährung führen. Das soll hier nicht verheimlicht werden.
Aber dieser Fall könnte nur eintreten, wenn es sich um langandauernde
Baiffeperioden handelt, die nicht durch Störungen des Geldumlaufes, sondern
durch direkten Mangel an Geldmasse verursacht werden. Solche langandauernde,
durch Geldmangel erzeugte Baisseperioden (man erinnere sich hier des Lave-
leye'schen Gesetzes —genug oder nichts — ) kennt man ja mehrere. Das ganze
Mittelalter, das tausendjährige, stumpfsinnige Mittelalter, war eine solche
durch stetig sich verschärfenden Geldmangel, nur hier und dort, dann und
wann, durch Verschlechterung des Münzfußes unterbrochene Baisseperiode,
während welcher die Arbeitsteilung unmöglich war und die erst mit der
Entdeckung Amerika s, mit den Raubzügen pizarro's ein Ende nahm. Nicht
Amerika, das Land, sondern das in Amerika gefundene Gold hat den Auf
schwung auf allen Gebieten bedingt, der seit Kolumbus so deutlich
wahrnehmbar ist, und es war auch wieder nicht das Gold, sondern
das mit dem Gold hergestellte Geld, das der Baisse ein Ende bereitete und
das die Arbeitsteilung freigab.
Wenn Italien schon im Quattrocento allen übrigen Ländern Europas voraus war, so
dürsten diese Leistungen auf Rechnung seiner Stellung als Weltbankker und der von überall her
nach Italien abfließenden und dort reichlich umlaufenden Ablaßgelder zu sehen sein. (Reforma
tion — Abwehrmaßregel gegen Goldabfluß?)
Auch die Zeit des Überganges zur Goldwährung (1873 —1890) war
eine solche durch Geldmangel erzeugte Baksseperkode.
In solchen Fällen würde die hier vorgeschlagene nationale, aktive
Währungspolitik unfehlbar zum Bruch der Goldwährung führen.
Das Ideal der Volkswirtschaft — feste Preise im Inland unter Auf-
rechterhaltnug eines festen Verhältnisses des nationalen Geldes zum Gelde
des Auslandes, läßt sich also ohne international wirksame Maßnahmen,
ohne Verständigung mit den übrigen Goldwährungsländern nicht mit Sicherheit
erreichen. Könnte man es aber erzielen, daß in allen Ländern die Währung
einer gleichmäßigen Behandlung unterworfen würde, daß unsere hier ent
wickelten Grundsätze international anerkannt würden, so wären alle Schwierig
keiten beseitigt. Denn wird bei einer Hausse in allen Ländern gleichzeitig der
Geldumlauf durch Einzug von Banknoten verringert (resp. bei einer Baisse
vermehrt), so bleibt das ohne jeden Einfluß auf Ein- und Ausfuhr und auf
die Zahlungsbilanz der einzelnen Länder, und die Goldverschiebungen, die
wir bei einer einseitig deutschen Währungspolitik vorhersahen, fallen fort.
(Das Gesetz der kommunizierenden Röhren).
Und wird bei einer Baisse in allen Ländern gleichzeitig und nach den
selben Grundsätzen der Notenumlauf vermehrt — so hebt sich überall das allgemeine
Preisniveau, ohne daß auch da wieder Verschiebungen in der Zahlungsbilanz
entstehen. Ein- und Ausfuhr von Waren wird dadurch nicht berührt,- denn
nicht die absolute Höhe der Preise führt zu Verschiebungen kn der Zahlungs
bilanz, sondern die relativ zum Auslande hohen oder niedrigen preise. (Die
Ausnahme bei im Auslande verschuldeten Staaten haben wir bei einer
anderen Gelegenheit schon erwähnt).