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Farmer gegen Schlabrendorff.
1769/70 den Adel dem wirt{hHaftlidhen Elend entrik, der perfünlih geneigt
war, alle Herrenrechte gegenüber dem Landvolk rückjichtslos auszunugen?),
der aljo die Agrarpolitit Schlabrendorffs in feinem Innern wohl nicht
Silligte, fHheint bei diefen Machenihaften die Hand mit im Spiele gehabt
zu haben. Sbhn ernannte am 21. Janunar 1768 der König zum {OHlefiflchen
Staat8- und SYultizminijter und übertrug ihın ein gewijfes Aufjichtsrecht
über die BZivilvermwaltung, damit ex Unterfchleife, Durchjtedereien und Be-
techungen aller Art unterdrüce, die aus Willfür und Saure erfolgende
Abjegung von Landräten (!) und anderer Beamter verhindere, jede Ver:
(eBung der Privilegien des Adels abwehre und darauf fehe, daß gegen den
Mdel „auf eine mehr anftändige Art, wie bisher nicht gejhehen, verfahren
werde“2), Dieje Fnftruktion enthielt zweifelsohne indirekt die denkbar
jchwerften Vorwürfe gegen die Gefhäftsführung Schlabrendorffs; die Ein-
Teßung eine8 foldjen Aufpaffer8 ftellte ihn vor aller Dffentlichkeit bloß und
mußte alle jeine Feinde zum legten, entfheidenden Sturmlauf anfpornen.
Ein VBierteljahrhundert nad der Ernennung Carmers, alz das Refjort-
ceglement für das neugewonnene Südpreußen beraten wurde, warnte Carmer
vor der Übertragung des {Hlefifhen auf die neue Provinz, da das {Alefifche
„fait in jeder Zeile den Minifterialde[potismus atmet. . . . Die Erfahrung
Hat, befonder3 im fiebenjährigen Kriege und den nädhftfolgenden Jahren, ge-
fehrt, wie weit die Ausdehnung einer foldhen unum[Ohränkten und willfür-
(lichen Gewalt getrieben und wie fehr dadurch alle Stände gedrückt werden
fönnen. Cben dieje Erfahrung veranlaßte die Beftellung eines befonderen
Suftizminifters in Schlefien, deffen SHauptbejtimmung nach der mir damals
von des Höchitfeligen Königs Majejtät erteilten Initruktion Hauptfächlich
mar, dem Defpotismus des dirigierenden Minifire und der Kammer Das
Segengewidht zu halten“. Für Südpreußen mwmünfchte Carmer eine Ber-
waltungsform, „welche das Eigentum, die Serechtjame und die perjönliche
Freiheit der Untertanen ohne die geringfte Gefährdung der Iandesherrlichen
Rechte gegen den defpotijdhen Druck einzelner Staatsbedienten durch die Mit-
wirkung mehrerer, einander zur Seite gefeßter und fich beftändig Kontrol-
fierender Devartement8 und Colleatorum bhinlänalih fichert“. Endlich er-
1) 9. Stölgel, Carl Gottlieb Svarez (Berlin 1885), S. 206. — Holge, Gef. D.
Rammergerichts, Bd. I, S. 347/8. — Schlef. Qebensbilder, Bd. II, S. 22 ff. — Val. auch
NM. Nbilippfon, Gef. d. preuß. Staatsmejens, Bd. I, S. 309 {f., 458/59. 2) ©. Mei:
nardus, Das Gnadengefhenk Friedrihs d. Gr. für den {Olef. Landadel u. die
Ernennung Carmers zum Iuftigminifter in der Zeitfhr. d. Ver. f. Gefdh. Schlef,.,
Bd. 44, S.94{f. — Hoym an den Minifter v. Boß: „Wenn der Herr Großkanzler
in feinen Bufen faffen will, wird er feinen Anteil an der königlichen Ungnade (auf
meinen Vorgänger), melde ihn zum fchlefijden Juftizminifter erhob, nicht ableugnen
können.“ M. Lehmann, Preußen u. d. katholifjdhe Kirche, Bd. VII (Bublikationen
aus d. preuk. Staatsarchiven, Bd. 56), Leipzig 1894. S. 750/51.