Full text: Die deutsche Ölmüllerei

196 HI. Die Ausbildung des Fabrikbetriebes von 1870 bis zur Gegenwart. 
Legt man sich nunmehr die Frage vor, ob die in den Öl 
mühlen beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen aus der Ver 
billigung der Produktionskosten, welche die Fortschritte der 
Technik gebracht hat, Vorteile für ihren Arbeitsverdienst ge 
zogen haben, so kann man diese Frage auf Grund des auf den 
vorigen Seiten beigebrachten Materials bejahen. Des weiteren 
kann ich feststellen, daß diese Lohnerhöhungen zum allergrößten 
Teile auf friedlichem Wege, ohne Streiks, durchgesetzt werden 
konnten. Es fällt nicht schwer, die Gründe für letztere Erschei 
nung festzustellen; einerseits bilden nämlich die Arbeitslöhne in 
den Großbetrieben nur einen ziemlich geringen Prozentsatz des 
Mahllohnes 22 ) (nimmt man den durchschnittlichen Mahllohn 
pro Tonne Rohmaterial mit 25—30 M. an, so betragen die Ar 
beitslöhne in technisch vollkommenen Betrieben nur ca. 16 bis 
19% des Mahllohnes 23 ), so daß sich Lohnerhöhungen nur ver 
hältnismäßig wenig fühlbar machen, andererseits ist aber das in 
den modernen Großbetrieben investierte Kapital so groß, daß 
jeder Tag des Stillstandes dem Unternehmen einen bedeutenden 
Zinsverlust bringt. 
Untersucht man im einzelnen die Höhe des Arbeitsver 
dienstes der verschiedenen Arbeiter in derselben Ölmühle, so 
findet man, daß die an den Pressen beschäftigten Leute in den 
meisten Fällen das höchste Einkommen haben. In einer mitt 
leren Ölmühle im Rheinlande betrugen z. B. die Löhne der an 
den Pressen beschäftigten Arbeiter 3,50 M., die Heizer (die 
gleichzeitig die Maschinen beaufsichtigten) waren mit einem 
festen Monatsgehalt von 100 M. angestellt, ein mit dem Heran 
schaffen der Saat an die Reinigungsvorrichtung beschäftigter 
Arbeiter erhielt 3,20 M.; ebensoviel erhielten die mit der Beauf 
sichtigung der Kollergänge (in denen die Ölkuchen zu Kuchen 
mehl verarbeitet werden) betrauten Personen, ferner die mit 
22 ) Unter dem Mahllohn versteht man die Differenz zwischen der aus 
dem Erlöse von Öl und Kuchen erhaltenen Summe und dem Kaufpreis des 
Rohmaterials. Der nach Abzug der gesamten Unkosten und der Ver- 
zinsungs- und Amortisationsquote verbleibende Betrag stellt den Gewinn dar. 
23 ) Es stehen diese Ziffern keineswegs im Gegensatz zu den Aus 
führungen auf Seite 125/126. Dort ist nur von den eigentlichen Betriebs 
unkosten die Rede, also den Aufwendungen für Löhne, Kohlen, Materialien, 
Preßtüchern, Reparaturen usw., während hier auch Zinsen und Abschrei 
bungen, sowie Gewinn mit eingerechnet sind.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.