X. Französische Schuh- und Uberseegebieke*).
1. Marokko.
Zwangsverwaltung des Eigentums deutscher und
österreichisch-ungarischer Staatsangehöriger.
Ein ani 30. September 1914 bekanntgemachter
Erlaß des Scherifs vom Tage vorher bestimmt:
In Anbetracht, daß die Interessen zahlreicher An
tragsteller und Gläubiger infolge der durch den gegen
wärtigen Kriegszustand zwischen Frankreich einerseits
und Deutschland und Qsterreich-Ungarn anderseits ge
troffenen Maßnahmen benachteiligt werden könnten,
falls nicht Maßnahmen zur Erhaltung des im Besitze
von Angehörigen der beiden letztgenannten Staaten
befindlichen dinglichen und persönlichen Eigentums
getroffen werden, ist folgendes beschlossen worden:
Artikel I. Das dingliche und persönliche Eigentum
aller Art, besonders Erzgruben und Bergwerke, die
gegenwärtig im Besitze von deutschen und österreichisch
ungarischen Staatsangehörigen sind, sind von dem Tage
ab, an welchem die Kapitulationen, welche ihre Re
gierungen genossen, abgeschafft wurden, in Zwangs
verwaltung genommen worden.
Artikel 2. Die nach der vorhergehenden Bestimmung
angeordnete Zwangsvcrwaltung regelt sich nach den in
den Artikeln 818 ff. des Anhangs VIL zu der Ver
ordnung vom 12. August 1913 enthaltenen Vorschriften.
Der Verwalter des beschlagnahmten Eigentums, der
von der Regierung bestimmt wird, hat die infolge der
Zwangsverwaltung in seine Hände gelangenden Ein
künfte oder diejenigen, welche aus der Verwaltung des
beschlagnahmten Eigentums erfiießen, bei der Hinter
legungsbank des Friedensgerichtshofes desjenigen Be
zirkes, wo er wohnt, zu hinterlegen; diese Hinterlegung
erfolgt zugunsten des davon Betroffenen.
Artikel 3. Wie bei der Beschlagnahme zum
Zwecke der Erhaltung gemäß Artikel 310 von Anhang III
der Verordnung vom 12. August 1913 bezweckt die
Anordnung der Zwangsverwaltung, das dingliche und
persönliche Eigentum zur Verfügung der Gerichtsbehörde
zu stellen und eine Verfügung darüber seitens der vor
gängigen Besitzer zu verhindern; deshalb ist jede Eigen
tumsübertragung durch Tod, Schenkung oder Verkauf
von dem Tage dieser Verordnung ab null und nichtig.
Artikel 4. Jede Handlung einer Eigcntumsüber-
tragung oder sonstige Verfügung, auch eine zeitlich be
grenzte, wie Verpachtung oder solcher Art, daß dadurch
die rechtliche Lage hinsichtlich des unter Zwangsver
waltung stehenden Eigentums verändert wird, wie
Übertragung als Pfandgut oder als Anerkennung der
Rechte Dritter, wird von den zuständigen Gerichtshöfen
für null und nichtig erklärt, sofern solche Handlung
nach dem 23. Juli 1914 erfolgt ist. Fernerhin soll die
Nichtigkeitserklärung auf alle Handlungen vom gleichen
Tage hinsichtlich von Minengerechtsamcn irgendwelcher
Art Anwendung finden.
Die in vorstehender Verordnung angezogenen Artikel
lauten:
Artikel 310. Die Zwangsvcrwaltung zum
Zwecke der Erhaltung hat ausschließlich zum Zweck,
das bewegliche und unbewegliche Eigentum, welches
davon betroffen wird, der Gerichtsbehörde in die Hand
zu geben und den Schuldner zu verhindern, darüber
zum Schaden des Gläubigers zu verfügen; jede Über
tragung auf Grund einer Schenkung oder eines Verkaufs
ist daher null und nichtig, sobald eine solche Zwangs
verwaltung besteht.
Artikel 818. Die Hinterlegung eines Streit
gegenstandes in die Hände eines Dritten heißt Zwangs
verwaltung ; diese kann unbewegliches Eigentum oder
persönliche Habe betreffen; sie regelt sich nach den Ab
machungen des freiwilligen Hinterlegers und nach den
Vorschriften dieses Kapitels.
Artikel 819. Die Hinterlegung kann mit Zu-
stnmnung der Beteiligten erfolgen bei einer Person,
auf weiche diese sich geeinigt haben, oder auf Anordnung
des Richters in Fällen eines ordentlichen Gerichts
verfahrens.
Artikel 820. Die Zwangsverwaltung braucht
keine freiwillige zu sein.
Artikel 821. Der Zwangsverwaltcr hat das
Eigentum zu beaufsichtigen und zu verwalten; er ist
verpflichtet, es nach Möglichkeit nutzbar zu machen.
Artikel 822. Er darf keine Übertragung oder
sonstige Bestimmung darüber treffen, abgesehen von
solchen Maßnahmen, die im Interesse des beschlag
nahmten Eigentums notwendig sind.
Artikel 823. Sofern die Zwangsverwaltung
Gegenstände betrifft, die zum Verderben neigen, so kann
ihr Verkauf durch den Richter angeordnet werden, und
zwar unter den Bedingungen, wie sie für den Verkauf
von Sicherheitsleistungen erforderlich sind. Die Zwangs
verwaltung erstreckt sich sodann auf den Verkaufserlös.
Artikel 824. Der Verwalter ist verpflichtet, das
Eigentum ohne Verzug an denjenigen zurückzugeben,
*) Das Dekret vom 27. September (Art. 1) erstreckt sich auch auf die außereuropäischen Gebiete Frankreichs.