50 Zweiter Abschnitt. Der Ablauf der Konjunktur seit Gründung des Reiches.
Gesellschaft und Wirtschaft nur mit Privatwirtschaften zu tun, mit
einzelnen Erwerbswirtschaften, welche jedoch durch die mannig
fachsten äußeren und inneren Bande zusammengehalten und ver
bunden, sich unserem geistigen Auge als ein Ganzes, eben als das
darstellen, was wir als Volkswirtschaft bezeichnen.
Die günstige oder ungünstige Seite bei den Wandlungen der Kon
junktur zeigt sich demgemäß in erster Linie an dem wirtschaft
lichen Erfolge der einzelnen Erwerbswirtschaften. Der Absatz ist
ein guter, die Preise sind lohnend, Unternehmergewinn und Divi
denden gehen in die Höhe, die Lage auf dem Arbeitsmarkt ist eine
günstige, die Löhne weisen eine steigende Tendenz auf, die Verkehrs
unternehmungen des Staates ergeben steigende Erträge und das
gleiche gilt auch von den Einnahmen der öffentlichen Körper
schaften an Verbrauchs- und Verkehrsabgaben und an Steuern aus
Vermögen und Einkommen, wenn die Konjunktur nach oben geht.
In der Hausse ist die Arbeitsfähigkeit eines Volkes in allen seinen
Schichten weit angespannter und regsamer als in den Zeiten der
Depression, oft angespannt bis zum höchsten Grade der Leistungs
fähigkeit, Fabrikanlagen, Maschinen und sonstige Produktionsmittel
werden in der Hausse voll und bis zum äußersten ausgenutzt,
ohne daß es an Mitteln fehlte, für entsprechende Abschreibungen
und für Ersatz der abgenutzten Anlagen Sorge zu tragen. Die ver
mehrte Güterproduktion schafft nicht nur dem Einzelnen steigende Ein
nahmen und Gewinne, auch das Volk als Ganzes, die ganze Volks
wirtschaft wird damit reicher und stärker. Dieser Erfolg ist für die
Gesamtheit um so bedeutsamer und nachhaltiger, je weniger der sich
dann einstellende Rückgang in der Prosperität sich in Form eines jähen
und plötzlichen Absturzes mit großen Verlusten auf allen Seiten, d. h.
in der Form einer ausgesprochenen Krise, vollzieht.
Soweit dieses in dem eben dargelegten Maße der Fall ist, und
im allgemeinen war es in der betrachteten Zeit die Regel gewesen,
gingen privatwirtschaftliche und volkswirtschaftliche Interessen Hand
in Hand. Das Aufsteigen der Konjunktur, die Prosperität des Wirt
schaftslebens, hatte hier für den privaten Unternehmer die gleiche
Bedeutung, wie für die ganze Volkswirtschaft. Soweit in diesem
Sinne privatwirtschaftliche und volkswirtschaftliche Interessen Hand
in Hand gingen, mußte dies vom Standpunkt beider aus betrachtet,
ein idealer Zustand sein. Dabei sei an dieser Stelle ganz davon
abgesehen, daß diese Regel an manchen Punkten von Ausnahmen
durchbrochen wurde, daß diese Harmonie zwischen Privatwirtschaft
und Volkswirtschaft keineswegs eine lückenlose gewesen ist. Es
würde an dieser Stelle zu weit führen, im einzelnen darzulegen, nach