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Tausch und Wert.
Tausch vom Gegengeschenk herkommt, entartet er manchmal
letzten Endes zum gegenseitigen Diebstahl, aber das ist etwas
anderes: wir werden das weiterhin finden.
Der Augenblick, in dem der eigentliche Tausch in die
Erscheinung getreten ist, ist wirklich ein feierlicher Augenblick
in der Kulturgeschichte.
Der Wert. Denn folgendes wird sich vollziehn: Jedes
von einem Menschen erworbene Besitztum — sagen wir jeder
Reichtum, da er auch in noch so geringer Gestalt Anspruch auf
diesen Namen hat •— jeder Reichtum also wird nunmehr einen
zwiefachen Charakter annehmen. .
Er wird in erster Linie bleiben, was er anfangs gewesen
ist, ein Mittel zum Genuß, zur Bedürfnisbefriedigung, wie es
das lateinische Wort bona (Güter) so gut ausdrückt, oder wie
die Engländer sagen goods (was gut ist).
Aber außerdem wird er einen neuen Charakter annehmen:
er wird ein Werkzeug zum Erwerb werden, das seinem Be
sitzer erlaubt, sich im Wege des Tauschs zu verschaffen, was
er wünscht: seien es nun andere Güter, sei es gar die Arbeit
seinesgleichen, die Dienste derjenigen, die nicht das betreffende
Gut besitzen.
Und der zweite Charakter zeigt das Bestreben, das Über
gewicht über den ersten mit steigender Kultur zu gewinnen.
Um ein Beispiel anzuführen: man braucht sich in einer
primitiven Gesellschaft nur das hauptsächlichste Gut vorzu
stellen, das Getreide. Der Mensch, der seinen Speicher damit
angefüllt hat, kann diesen Reichtum unter dem doppelten
Gesichtspunkt ansehn, den ich soeben dargelegt habe. Er kann
sich wie der Reiche im Evangelium sagen: „Seele, du hast
reichen Vorrat auf viele Jahre; habe gute Ruhe, iß und trink,
und laß dir's wohl sein".
Aber er kann sich auch sagen: „Dies Getreide will ich dazu
verwenden, um andere für mich arbeiten zu lassen. Die
jenigen, welche kein Brot haben, werden nur zu glücklich sein,
meines zu nehmen und mir dafür ihre Arbeit liefern. Sie
werden für mich arbeiten, sie werden meine Diener sein".
Es ist also eine Macht, die der Reichtum dem Tausch ver
dankt. Und diese Macht ist durch ein Wort gekennzeichnet,
das wichtigste in der ganzen Volkswirtschaft: das Wort Wert.
Man wendet sogar manchmal dieses Wort Wert in dem
ersten Sinne an, den ich soeben dem Wort Gut gegeben habe,
aber das ist ein wirtschaftlicher Irrtum — ich möchte fast
sagen, ein Fehler der Muttersprache. Wenn die Volkswirt-