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Ereis) auf die einzelnen Kreise verteilt und von den Vertrauensleuten einge
zogen. Vgl. die bei Äübner gefundene Quittung über 24 Mk. im Spez.-Bd. IX.
Bei dem Angeschuldigten Teufert, welcher im November 1895 zum Ver
trauensmann gewählt war, sind 3000 Stück Sammelbons beschlagnahmt; er
hat auch eine öffentliche Versammlung einberufen.
Der im Oktober 1895 neu gewählte Vorstand: Buchhändler Lermann
Gumpel (Vorsitzender), Kaufmann Adolf Adler (Kassierer) und Konditorgehilfe
Richard Lohlfeldt (Schriftführer) haben bis zu der Schließung der Vereine
wegen Kürze der Zeit noch keine besondere Tätigkeit entfalten können.
6. Wahlkreis.
Der Angeschuldigte Ernst war Vorsitzender des Wahlvereins seit Oktober
1895. Sein Vorgänger war der Angeschuldigte Kiesel. Kassierer war seit
Oktober 1895 Kröhn, Schriftführer seit Frühjahr 1895 Schumann.
Vertrauenspersonen waren: Waschowski seit Lerbst 1893, Brinkmann
seit Oktober 1895, Augustin seit Lerbst 1893, Pfarr seit Lerbst 1891, Lelbig
seit Lerbst 1893.
Auf Beschluß des Vorstandes sind vielfach bedeutende Summen an den
Parteivorstand und an die Agitationskommisston für Brandenburg abgeführt,
und zwar durch die genannten 5 Vertrauenspersonen. Die letzteren haben
auch selbständig auf Bons Geld gesammelt und an dieselben Adressen abge
führt. Sie sind in regen Verkehr mit einander getreten und haben in öffent
lichen Versammlungen gemeinschaftlich Rechnung gelegt. — Bei Augustin ist eine
Abrechnung vorgefunden, auf welcher die Postgebühr für das Telegramm
an die Sozialdemokraten in Paris zum 2. September 1895 in Anrechnung
gebracht ist. — Bei Kiesel und Pfarr sind gedruckte Rechenschaftsberichte des
6. Kreises über Land-Agitation vom 1. September 1894 bis 31. August 1895
beschlagnahmt; aus denselben stehen Augustin, Lelbig, Pfarr, Waschowski als
Revisoren verzeichnet. — An Augustin hat der Parteikassierer Gerisch eine
Aufstellung sämtlicher Beiträge des 6. Wahlkreises für die Parteileitung vom
1. Januar 1894 bis 1. April 1895 gesandt. — Ein bei Pfarr gefundener Brief
aus Wittenberg beweist die Verbindung zwischen Agitations-Kommission,
6. Wahlkreis und Parteivorstand.
Einzelne Corpore-Versammlungen sind von Waschowski geleitet worden. —
Soweit die Zusammenstellung des Staatsanwalts. Die Berichte er
klären sich selbst, jeder Zusatz könnte nur Wiederholung von schon Gesagtem
(ein. Wir sehen das reguläre Leben einer politischen Partei vor uns, und
wenn dieses Leben sich zum Teil „geheim" abspielte, so war das nur des
halb ungesetzlich, weil das Gesetz widersinnig war. Es hätte die Partei
>nit Laut und Laaren verbieten müssen, wenn es verhindern wollte, daß
sie sich ihrer Natur gemäß entfalte. Daß das Erste unmöglich war, hatten
die Gesetzgeber gelernt, nun mußten sie lemen, daß organisches Leben nur
seinen eigenen Gesehen gehorcht.
3. Die Wandlungen in den Programmen der sozialdemokratischen
Wahlvereine.
Noch einige Worte über die Entwicklung der polittschen Paragraphen
in den Statuten der sozialdemokratischen Wahlvereine Berlins. So sehr
der Lauptzweck dieser Vereine prinzipiell der gleiche blieb, so finden wir
ihn doch in den Statuten zu verschiedenen Zeiten anders bezeichnet. Die
stärkere Sicherheit wird zum Anlaß, den Zweck der Vereine im Statut zu
schärferer Ausprägung zu bringen. Lind im gleichen Sinne werden auch
Bernstein, Berliner Geschichte. II'. ®