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Verband der Sozialdemokratischen Wahlvereine
Berlins und Umgegend.
Der Kassierer.
55. Parteistempel
die Bestimmungen über die Aktionsmittel und die Bedingungen der Mit
gliedschaft im Laufe der Zeit anders gefaßt.
Die Geschichte der Statuten der Wahlvereine von drei Berliner Reichs
tagswahlkreisen mag dies veranschaulichen. Die stärkste Veränderung weist
das Statut des in: April 1889 gegründeten sozialdemokratischen Wahlvereine
für den ersten Berliner Reichstagswahlkreis auf. Seine Einleitungspara
graphen lauten in der ersten Fassung:
„§ 1.
Zweck des Vereins ist die Erzielung volkstümlicher Wahlen.
8 2.
Dieses Ziel soll erreicht werden:
a) durch tatkräftige Agitation bei den Wahlen;
b) durch wissenschaftliche, im volkstümlichen Sinne gehaltene Vorträge,
und durch Abhaltung von Versammlungen in politischer Beziehung;.
c) durch Verbreitung von Flugblättern.
8 3-
Mitglied des Wahlvereins kann jeder vollberechtigte Bürger Berlins
werden, welcher sich im Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte befindet."
Deutlich zeigt sich hier noch der Einfluß des Ausnahmegesetzes, unter
dessen Walten das Statut geschaffen wurde. Die Ausdrücke sind so gewählt,
daß sie weitere oder engere Auslegung erlauben, und die Mitgliedschaft
wird von Bedingungen abhängig gemacht, die Zeugnis davon ablegen, wie
sehr noch aus die Gerichte Rücksicht zu nehmen war.
Das Statut blieb über zehn Jahre in Kraft. Der Wahlverein
Berlin I konnte in seiner alten Verfassung selbst den Köllerstrcich über
dauern. Erst im Jahre 1901 gab er sich ein neues Statut. Dort aber
wird im ersten Paragraph nicht mehr als Zweck bloß die „Erzielung volks
tümlicher Wahlen" hingestellt, sondern heißt es nun politisch bestimmter und
weitergreifend: „der Verein bezweckt, die Grundsätze und Ziele der Sozial
demokratie zu fördern." Die Änderung des zweiten Paragraphen ist nicht
wesentlich, immerhin ward auch er ettvas bestimmter gefaßt, und der dritte
Paragraph macht die Aufnahme in den Verein nicht mehr vom Besitz
bürgerlicher und sonstiger „Rechte" abhängig, sondern läßt jeden zu, der
die Bestrebungen der sozialdemokratischen Partei Deutschlands anerkennt.
Diesem neuen Statut wurde als Anhang ein „Organisationsplan"
beigegeben, der dem uns schon bekannten Bilde entspricht. Wir finden
Berlin l in sechs Abteilungen mit je einem Abteilungsführer eingeteilt.
Die Abteilungsführer, die Sitz und Stimme in den Vorstandssitzungen
des Vereins haben, werden vom Vorstand ernannt und ernennen ihrerseits