Full text: Die Berliner Arbeiterbewegung von 1890 bis 1905

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und zu Pferde, in Aniform und Zivil, an sichtbaren Stellen und im Linker- 
gründe, das ist die regelmäßig wiederkehrende Begleiterscheinung der Grab 
schmückung am 18. März. Dazu ein kleinlicher Kampf der Polizei gegen 
„aufreizerische Abzeichen" am Gräberschmuck, gegen Schleifen mit In 
schriften revolutionären Charakters, und ganz besonders gegen Schleifen im 
anstößigen Rot. Solche umstürzlerischen Schleifen sofort mit der Schere 
zu entfernen und zu konfiszieren, ist eine Lauptsorge der Polizei, und daß 
diese Art „Schneidigkeit" stets Zeichen von Bitterkeit oder Lohn auslöst, 
ist selbstverständlich. Ebenso selbstverständlich bei dem Geist der Berliner 
Arbeiterschaft ist aber auch, daß diese Polizeiakte sich als das Gegenteil 
dessen bewähren, was ihnen Zweck verleihen könnte: statt abzuschrecken, 
feuern sie an. 
Von Jahr zu Zahr wird lange Zeit der Besuch der Märzgräber 
immer stärker, ein immer reicherer Blumenschmuck zeugt von der zu 
nehmenden Leistungsfähigkeit der Arbeiterbewegung. Zeitereignisse bringen 
ihn in einzelnen Jahren auf eine Löhe, wie ihn die bürgerliche Demokratie 
selbst zur Zeit ihrer größten Blüte nicht zu erwirken vermochte. So wurden 
im Jahre 1894, nachdem am 18. Januar die Polizei am Friedrichshain 
die weiter oben berichteten Prügelszenen aufgeführt hatte, am 18. März 
über 500 Kränze auf den Märzgräbern niedergelegt, teils von Vereinen 
und Klubs, teils von Arbeitern bestimmter Werkstätten auf Grund von 
Sammlungen gestiftet. Es ist nicht übertrieben, die Zahl der so an dieser 
Kranzspende Beteiligten auf mindestens 50 000 einzuschätzen. Ein Teil 
der Kränze ist sehr kostbar — für die Opfer des Freiheitskampfes ist 
nichts zu teuer. Lieber wird auf einen sonstigen Genuß verzichtet, als daß 
man hier sparte. Lerrliche Blumen und Schleifen bedecken den einfachen 
Rasen, unter dem die Märzgefallenen ruhen, lakonische Inschriften in 
Prosa oder Versen geben die Gedanken kund, welche die Stifter beseelen. 
Der ernsthafteste Zusammenstoß zwischen der Polizei und der Volks 
masse, die zu den Märzgräbern pilgerte, fand am 18. März 1892 statt. 
Durch Übereifer und brutales Gebaren der Polizei, in deren Leitung noch 
der Geist der Ära Bismarck starken Einfluß hatte, wurden die Massen, 
unter denen viele Arbeitslose waren, aufs äußerste gereizt. Sie widersetzten sich 
den Befehlen der Polizei, es gab auch Versuche, Polizisten, die besonders 
schroff vorgingen, aufzuhalten, worauf die berittene Polizei mit blanker 
Waffe auf die Menge einhieb und sie so gewaltsam auseinander trieb. 
Natürlich fehlten auch Verhaftungen nicht, und einer der Verhafteten, 
der Maurer Karl Neumann, ward wegen „Aufruhrs" zu einem Jahr 
Gefängnis verurteilt. Der Effekt der Polizeiaktion aber war, daß im 
folgenden Jahre — 1893 — der Besuch des Friedrichshain ein noch be 
deutend stärkerer war, als das Jahr vorher. Indes kam es trotz des 
gesteigerten Besuchs zu keinem Zusammenstoß, die Polizei bemühte sich 
ersichtlich, die Massen nicht zu reizen. 
Dagegen griff in diesem Jahr die Presse-Abteilung der Polizei staats 
rettend ein. Von sozialdemokratischer Seite war für den 18. März eine 
„Festzeitung" auf rotem Papier herausgegeben worden und ebenso 
waren die Märznummern des „Volksblatt für Teltow-Beeskow" 
und des von den Unabhängigen herausgegebenen „Sozialist" auf rotem 
Papier gedruckt worden. Das erhöhte ihre Staatsgefährlichkeit in bcn
	        
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