Full text: Die Berliner Arbeiterbewegung von 1890 bis 1905

329 
mächtiges Vorgehen von der Berliner Kommission abwies, und, ohne den 
Brauherren schwächliche Zugeständnisse zu machen, dieselben doch, falls es 
zum Kriege kam, von vornherein ins Anrecht sehte. And beides erfüllte sie 
mit wahrhaft meisterhaftem Geschick. Sie verbindet Festigkeit und Würde 
mit kluger Amsicht. Li er ihr Wortlaut, der im „Vorwärts" vom 10. Mai 
1894 an hervorragender Stelle mit erklärender Einleitung veröffentlicht wurde: 
An den Verein der Brauereien Berlins und der Amgegend, 
zu Länden des Vorsitzenden, Lerrn Brauereibesitzer Max Lappoldt. 
„Antwortlich des Schreibens der vereinigten Brauereien Berlins 
und Amgegend vom 8. d. M. erlauben wir uns, Ihnen folgendes mit 
zuteilen : 
Die Berliner Gewerkschaftskommission steht dem Beschlusse der 
Volksversammlung vom 6. Mai in Rixdorf. betreffend den Boykott 
der Vereinsbrauerei, vollständig unbeteiligt gegenüber. Dieser Beschluß 
ist ohne unser Zutun gefaßt worden. Wir haben bisher weder Anlaß 
gehabt, uns zustimmend zu demselben zu äußern, noch sind wir in der 
Lage, wie es in der Zuschrift der vereinigten Brauereien von uns ver 
langt wird, denselben rückgängig zu machen. 
Die Berliner Gewerkschaften, welche zu vertreten wir die Ehre 
haben, haben bisher weder einen solchen oder ähnlichen Beschluß ge 
faßt, noch ist die Absicht laut geworden, unsererseits in gleicher Weise 
vorzugehen. 
Wir haben den Ausschluß der Böttcher seitens einzelner Brauereien 
als eine interne Angelegenheit der Beteiligten betrachtet und behandelt, 
bei der allerdings unsere Sympathien wie wohl die Sympathien der 
gesamten Arbeiterschaft auf seiten der gemaßregelten Arbeiter stehen. 
Ein Vorschlag aber, weiter zu gehen, und speziell der, einen Boykott 
gegen eine der beteiligten Brauereien zu erklären, ist weder von uns 
noch von irgendeiner anderen Organisation der Berliner Arbeiterschaft 
bis jetzt in Erwägung gezogen worden. 
Indem wir unter solchen Amständen das Verlangen der vereinigten 
Brauereien, den Rixdorser Boykottbeschluß rückgängig zu machen, ab 
lehnen müssen, da uns zu einem solchen Vorgehen sowohl die Legitimation 
wie auch die Möglichkeit des Erfolges fehlt, wollen wir nicht verfehlen, 
unserem Bedauern darüber Ausdruck zu geben, daß seitens der ver 
einigten Brauereiunternehmer, ohne sich vorher die Mühe zu machen, 
sich genügend zu informieren, ganz unbeteiligte Arbeiter gemaßregelt 
worden sind und noch weitere Kreise derselben mit Maßregelung be 
droht werden. 
Indem wir uns der Äoffnung hingeben, daß nach vorstehender Klar 
stellung unsererseits die vereinigten Brauereien von ihrer Absicht, die 
Zahl der Gemaßregelten zu vermehren, abstehen werden, fügen wir 
noch den Wunsch bei, daß auch die Differenz mit den Böttchern recht 
bald zu beiderseitiger Befriedigung beigelegt werden möge. 
Sollte aber wider Erwarten und gegen unseren Willen seitens der 
vereinigten Brauereien der in der Zuschrift vom 8. Mai angedrohte 
Angriff auf die gesamte Arbeiterschaft Berlins inszeniert werden, so 
sehen wir dieser Eventualität mit voller Seelenruhe und in dem Bewußtsein 
entgegen, daß einer solchen Provokation gegenüber — an deren Möglich, 
keil wir aber nicht glauben wollen — die Arbeiterschaft Berlins ihre 
oft bewährte Solidarität aufs neue und in glänzender Weise betätigen 
würde.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.