Full text: Die Berliner Arbeiterbewegung von 1890 bis 1905

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schrift der Berliner Arbeiter- 
Sanitätskommission", die als 
6. und 7. Lest der dritten 
Serie der von Max Schippe! 
herausgegebenen „Berliner 
Arbeiter ° Bibliothek" im 
Sommer 1893 erschien und 
viel kommentirt wurde. Die 
Sorgfalt und Sachlichkeit 
der Erhebung wurden von 
Freund und Feind aner 
kannt. Selbst der damalige 
stellvertretende Polizeipräsi- 
dentvon Berlin,Fried heim, 
nahm Anlaß, im Kerbst 1893 
in einer Sitzung der König 
lichen Sanitätskommission 
den Vorständen der Revier- 
Sanitäts-Kommissionen die 
Denkschrift „zum eifrigen 
Studium" zu empfehlen, da 
sie „sehr viel Beachtens 
wertes" enthalte, und sein 
Bedauern auszusprechen, daß 
in den Sanitätskommissionen 
„nicht auch Vertreter der 
ärmeren Klassen sitzen". 
Grobe Mißstände brachte 
die Arbeiter - Sanitätskom 
mission auch hinsichtlich des 
unter staatlicher Verwaltung stehenden Krankenhauses Charite an die 
Öffentlichkeit, sowohl was die sanitären Zustände als auch, was die Be 
handlung der Patienten anbetraf. So ging man daselbst namentlich mit den 
wegen Geschlechtskrankheiten der Charite überwiesenen Patienten in ent 
würdigender Weise um, und als in der Stadtverordnetenversammlung von 
sozialdemokratischer Seite Protest dagegen erhoben wurde, hatte der Direktor 
der Charite den Mut, zu behaupten, geschlechtskranke Arbeiter seien ja doch 
„meist Zuhälter". Indes war die Kommission diesem Institut gegenüber 
nicht völlig auf den guten Willen und die Tatkraft der Behörden an 
gewiesen. Die Charite, die mit der Universität verbunden ist, braucht die 
Patienten für die Ausbildung der Studierenden, sie konnte also durch 
Entziehung der ersteren empfindlich getroffen werden. Auf diesen Amstand 
machte die Arbeiter-Sanitätskommission die Arbeiter und die Vorstände 
der Arbeiterkrankenkaffen aufmerksam und zeigte ihnen, wie sie durch ge 
schlossenes Vorgehen die Leitung der Charite zwingen könnten, die er 
krankten Arbeiter anständig zu behandeln. Es ward, als alle Reklamationen 
nichts halfen, im August 1893 die Boykottierung der Charite be 
schlossen. Eine Kommission der Krankenkassen stellte unter drei Rubriken 
— Baulichkeiten, Krankenbehandlung und Neue Charite — eine Liste von 
Anleitung. 
Der Controleur erhält eine Legiiimalionskarie', um sich nötigenfalls 
bnn Beschwerdeführer und eiwaigen für seine Angaben notwendigen Zeugen 
gegenüber legitimsten zu sönnen. Diese Karle ist möglichst selten und nur, 
wenn eine solche Legitimation von ihm gewünscht wird, vorzuweisen. 
Der Controleur hat die ihm übertragene Untersuchung fa fchrreL 
ev feilte Zeit gestattet» vorzunehmen. Zu diesem Behufe haj er 
sich an Ort und Stelle persönlich von dem Tatbestände zu überzeugen, 
wenn nötig mit Zuhilsenahine des Beschwerdeführers. 
Sollte auä irgend welchen Gründen eine persönliche Inaugenschein 
nahme nicht möglich sein, so hat er dies in seinem Bericht zu vermerken, 
sowie die Zeugen, von denen er die in dem Berichte initaeteilten Tat 
sache« erfahren hat. nebst ihreik Adressen zu nennen. 
Der Controleur soll sich nicht darauf beschränken, die in der Beschwerde 
angegebenen Punkte sowie die in dem Fragebogen vorgemerklcn Fragen zu 
berücksichtige», er hat auch sein Augenmerk auf alle sonstiger, 
«ichtise« sanitären Verhältnisse xu richten» die ihm am 
Vrte der Unter such,nig rniL anderwärts anssatten. 
In der Beschreibung etwaiger Uebelstande soll er keine übertriebene 
oder tendenziös gefärbte Darstellung geben, sich auch möglichst wenig all 
gemeiner Ausdrücke — wie: groß, Nein, schrecklich, unbeschreiblich rc. — 
bedienen, hingegen recht viel tatsächliche Details, unter Angabe von Maß 
und Zahl beibringen. 
Für jeden Bericht ist ein besonderer Bogen zu. verwenden. 
Den Bericht Hot der Controleur noch an demselben Tage abzufassen 
und am nächsten Tage dem instruirenden Arzte »u, einer vorher vereinbarten 
Stunde persönlich zu überbringen. 
Sollte nach Ansicht des Controleurs die Beschwerde sich durch eine 
einsache Vorstellung bei dem Hauswirt, dem Unternehmer oder der Polizei 
erledigen lassen, so hat er dies dem Arzte mitzuteilen; er selbst hat sich 
jedes persönlichen Eingreijrns in die betr. Angelegenheit, sowie auch einer 
selbständigen. Veröfsentlichung der von ihm ermittelten Tatsachen zu erii 
Dritten Personen gegenüber ist er im Interesse der Sache zum strengsten 
Slillschivcigen über seine Tätigkeit und die Ergebnisse seiner Untersuchung 
verpflichtet. 
183. Anleitung für die Kontrolleure der 
Arbeiter-Sanitätskommission
	        
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