Full text: Denkschrift betreffend die Neuregelung der handelspolitischen Beziehungen Deutschlands zu den Vereinigten Staaten von Amerika

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Mm Instituts für Weltwirtschaft 
jegliche Einräumung einer Meistbegünstigung oder 
mit Einschränkung auf die im Vertrag erwähnten 
Artikel. 
Die unter a erörterte Modalität ist die weiter 
gehende, und verdient im allgemeinen den Vorzug. 
Denn sie verleiht einen Rechtsanspruch auf den 
Mitgenuß der einem dritten Staate zugewendeten 
Vergünstigungen; sie spricht aus, daß, wenn der eine 
Vertragsteil sich zu »gleichwertigen« Zugeständ 
nissen bereit erklärt, kein dritter Staat günstiger ge 
stellt werden darf. Sie ist das direkte Versprechen, 
den anderen Vertragsteil unter keinen Umständen 
zu differenzieren, sobald er sich zu entsprechenden 
handelspolitischen Gegenleistungen versteht. 
Der Reziprozitätsstaat hat aber auch einen 
Rechtstitel auf alle einem dritten Staate ge 
währten Vergünstigungen; er darf, wenn er 
adäquate Leistungen anbietet, nirgends 
differenziert werden. Von Rechts wegen 
konnte also auch die Union niemals dem ku 
banischen Zucker in Gestalt des 20prozentigen 
Zollnachlasses ein ausschließliches Privileg 
einräumen; es war vielmehr ihre Pflicht, auch 
Deutschland diesen dem kubanischen Zucker zu 
gedachten Vorteil anzubieten; wir hatten von 
Rechts wegen einen Anspruch, an dieser Ver 
günstigung teilzunehmen, sobald wir Äquivalente 
für die zwanzigprozentige Reduktion des ameri 
kanischen Zuckerzolles anboten. Denn in Art. IX 
des Vertrages vom Jahre 1828, der angeblich für 
ganz Deutschland gilt, war ausdrücklich gesagt: 
Wenn von einem der kontrahierendenTeile anderen 
Nationen irgend eine besondere Begünstigung in 
betreff des Handels oder der Schiffahrt zugestanden 
werden sollte, so soll diese Begünstigung so 
fort auch dem anderen Teile mit zugute 
kommen. 
Eine Vorzugsbehandlung Kubas vor anderen 
Staaten, die Reziprozitätsverträge mit der Union 
laufen haben, wäre rechtlicherweise nur dann mög 
lich, wenn diese Staaten zugestanden hätten, daß 
die Kuba gemachten Vergünstigungen als außerhalb 
der Meistbegünstigung liegend gelten sollen, wenn 
sich also in den betreffenden Verträgen der Union 
ein Passus fände wie in denVerträgen Brasiliens: 
»II est convenu, qu’en parlant de la nation la 
plus favorisee au Bresil, la nation portugaise ne devra 
pas servir de terme de comparaison, m6me quand 
eile viendroit ä etre privilegRe au Brasil en matihre 
de commerce.« 
❖ * 
Wenn nun die Frage aufgeworfen wird: Was 
für einen Reziprozitätsvertrag sollen wir mit der 
Union abschließen? Sollen wir die Reziprozität 
im vollen Umfang oder nur für gewisse Ar-
	        
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