Wirtschaftliche Betriebsmethoden. 195
Industrien einen besonderen Ruf, so daß sich die etwa betriebstechnisch
ungünstigere Lage durch Erleichterung der Propaganda ausgleichen
wird, Es ist sicherlich mit weniger Kosten verknüpft, Stahlwaren von
Solingen und Remscheid aus zu vertreiben als von einem beliebigen
andern Ort aus, Auch Finanzierungszusammenhänge spielen eine Rolle:
in Gegenden, wo bestimmte Industrien eingeführt sind, erhält man für
dieselben leichter Kapital als anderswo, selbst wenn neue Orte nach
den Berechnungen der Standortslehre an sich fabrikatorisch günstiger
wären, Bei der Wahl zukünftiger Standorte ist für manche Branchen
daran zu denken, daß wir für absehbare Zeiten ein relatives Aufblühen
des platten Landes und ein relatives Zurückbleiben der großen Städte
erleben können.
Nach getroffener Entscheidung über das Fabrikations- und Absatz-
programm auf Grund der erwähnten Zusammenhänge erwächst nunmehr
die Hauptaufgabe des Betriebsleiters, Er muß sein Werk in Durch-
führung des gewählten Arbeitsprogramms nach den wirtschaftlichsten
Methoden einrichten und führen. Diese Aufgabe hat viele rein tech-
nisch-konstruktive, fabrikatorische und buchhalterische Seiten, die ich
hier nicht zu erörtern habe. Andere dagegen stehen in engster Ver-
knüpfung mit den allgemeinen wirtschaftlichen und sozialen Bedingt-
heiten, die von außen her in den einzelnen Betrieb hineinstrahlen und
sein Verhalten beeinflussen. Eine gegen früher sehr gestiegene Bedeu-
tung kommt dabei z, B. in kalkulatorischer Beziehung den Fragen der
Transportökonomie, der Wärmeökonomie sowie der Abfallökonomie
zu. Die Transportkosten sowohl innerhalb der Betriebe als auf Land-
wegen, Eisenbahnen und Wasserstraßen sind in vielen Unternehmen
heute ausschlaggebender für die Rentabilität als früher. Hinzu kommt
das unter den heutigen Verhältnissen verständliche Streben nach
möglichst großer Unabhängigkeit von bestimmten Transporteinrich-
tungen, Betriebs- und Rohstoffen. Anzustreben ist möglichste Be-
weglichkeit und aus volks- und privatwirtschaftlichen Gründen eine
Bevorzugung einheimischer Verkehrsmittel, Roh- und Betriebsstoffe.
Der letztere Gesichtspunkt führt auf das im Kriege oft bekrittelte und
tatsächlich nicht immer richtig gehandhabte, in seinem Kern aber
richtige Ersatzstoffwesen,
Man darf in der Tat die Mühe der Ausprobung in der Gewinnung,
Zurichtung, Verarbeitung und Verwendung neuer einheimischer Roh-
stoffe nicht scheuen. Die große Schwierigkeit liegt darin, daß die neuen
Stoffe zum Teil nicht so vielseitig verwendbar sind wie die gewohnten.
Man muß sich aber dabei daran erinnern, daß manche uns heute selbst-
verständlichen Stoffe den gleichen Entwicklungsgang gegangen sind. Holz,
einer der universellsten Stoffe, ist in der Neuzeit in vielen Verwendungs-
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