8 81. Zur weiteren Erklärung der Konjunkturbewegungen, 569
Verhältnissen angepaßte Pläne zu entwerfen und ins Werk zu setzen.
Solange die Produktion von festem Kapital unter ihrem früheren
Maximum beschränkt bleibt, setzt der Zinsfuß seine fallende Bewegung
fort, damit sowohl das anlagesuchende Publikum wie auch das Unter-
nehmertum zu neuen Unternehmungen immer stärker anspornend.
Sobald nun diese Gegenwirkung des niedrigen Zinsfußes eintritt, und
die Produktion von festem Kapital also über ihr letztes Maximum
hinaus zu steigen beginnt, wendet der Zinsfuß gleich seine Bewegungs-
richtung, bleibt aber noch eine Zeitlang zu niedrig, um dem jetzt ein-
setzenden Aufschwung wirksam entgegentreten zu können. Unsere
Untersuchungen haben auch gezeigt, daß der Zinsfuß tatsächlich eben
am Ende der Depression sein Minimum erreicht und in der Aufschwungs-
periode zunächst langsam steigt, bis er in der eigentlichen Hoch-
konjunktur stark aufwärts geht.
Die Länge der Konjunkturperiode hängt auch damit zusammen,
daß die Produktion von festem Kapital Zeit beansprucht. Die Unter-
nehmungen, die in der Depression oder im beginnenden Aufschwung
geplant werden, brauchen größtenteils mehrere Jahre bis zu ihrer Voll-
endung. Verhältnismäßig kurze Zeit wird zur Herstellung von Wohn-
häusern gebraucht. Da genügen meistens ein bis zwei Jahre. Eisen-
bahnen, Kanäle, Wasserkraftanlagen u. dgl. Unternehmungen be-
anspruchen dagegen viel längere Zeit. Eine lebhaftere Tätigkeit auf
diesem Gebiete kann also nicht gleich von den hemmenden Kräften
wieder zurückgedrängt werden. Die Länge der Konjunkturperiode
steht somit in einem gewissen Zusammenhang mit der Länge der Pro-
duktionsperiode der hier in Frage kommenden Anlagen. Es ist deshalb
auch nicht ganz unwahrscheinlich, daß die allgemeine Tendenz zur Ver-
kürzung der Herstellungszeit für Bauten und Anlagen aller Art, die
unsere Tage auszeichnet, auch in der Verkürzung der Konjunktur-
perioden mitgewirkt hat, welche sich im zwanzigsten Jahrhundert
durchzusetzen scheint.
Zu den genannten Umständen kommt, daß die erhöhte Produktion
von festem Kapital ihrerseits eine Erweiterung aller Anlagen und
Transportmittel, die dieser Produktion dienen, erfordert. Auch wird die
Produktion von Verbrauchsgegenständen, die ebenfalls, obwohl nur
sekundär und in abgeschwächtem Grade, an der Hochkonjunktur ihren
Anteil erhält, neue Maschinen und erweiterte Anlagen erfordern. Diese
Ausbreitung der Hochkonjunktur nimmt natürlich auch eine gewisse
Zeit in Anspruch. Die Gewinne, die in der beginnenden Hochkonjunktur
bei denhohen Produktenpreisen vielfach realisiert werden, lockenzu neuen
Unternehmungen oder Erweiterungen, die auf der Annahme eines Fort-
bestehens solcher Preise fußen. Die Fortsetzung der Hochkonjunktur
beruht überhaupt im großen Umfange auf den Hoffnungen, denen der
erste, wirklich gewinnbringende Teil der Aufschwungsperiode Nahrung
an