Kap. I. Die Wirtschaft im allgemeinen.
Die Tatsache, daß jede Produktion Zeit nimmt, ist natürlich für
jede Wirtschaft und damit auch für die Wirtschaftswissenschaft von
sehr großer Bedeutung. Dies hat die Wissenschaft zur Konstruktion
es Begriffs der „Produktionsperiode‘‘ veranlaßt, und besonders die
instheoretiker haben sich um die Ausbildung dieses Begriffes viel Mühe
gegeben. Solange man aber an der hier beschriebenen Auffassung de
roduktion festhält, muß die Rolle der Zeit in der Produktion sehr
dunkel und unbestimmbar bleiben, denn es läßt sich überhaupt kein
eitpunkt angeben, wo die in dieser Weise aufgefaßte Produktion eines
ateriellen Gutes beginnt. Auf jeder Stufe der Produktion wird die
itwirkung schon vorhandener materieller Güter, sei es dauerhafter
üter oder Verbrauchsgüter, vorausgesetzt, und wenn nun auch die
ntstehung dieser Güter mit in den Produktionsprozeß des Endprodukts
ingerechnet werden soll, gelangt man niemals zum Anfangspunkt des
ganzen Produktionsprozesses. In diesen Schwierigkeiten tritt das voll-
tändig Hoffnungslose in dem Streben, den Produktionsprozeß bis an
seinen technischen Anfang zurück zu verfolgen, sehr deutlich zutage.
Eine wirtschaftliche Betrachtung der Produktion muß von der
rundlegenden Tatsache ausgehen, daß die Bedürfnisbefriedigung der
enschheit oder einer geschlossenen Gruppe von Menschen eine imme
ortdauernde sein muß, und daß deshalb auch die Produktion eine
immer fortdauernden Prozeß darstellen muß. Dieser Prozeß muß in
seinem Ganzen der Gegenstand der wirtschaftswissenschaftlichen Unter-
suchung der Produktion sein, er muß nach seinem Inhalt in einem ge-
ebenen Augenblick dargestellt werden, die Bedingungen dafür, daß
er so, wie er in diesem Augenblick aussieht, auch unverändert fort-
esetzt werden könne, müssen festgestellt werden, Diese Bedingungen
ilden eben die notwendige Voraussetzung für eine nach Umfang und
nhalt unverändert fortgesetzte Bedürfnisbefriedigung und stellen somit
grundlegende Faktoren der Wirtschaft dar. Gegebenenfalls müssen
auch die Bedingungen eines gewissen Wachstums der Wirtschaft unter-
sucht werden, diese sind als grundlegende Faktoren einer in einer ge-
wissen Entwicklung begriffenen Wirtschaft zu betrachten.
Bei dieser Betrachtungsweise wird kein Raum gelassen für eine
Erforschung der Umstände, unter welchen die heute vorhandenen
ateriellen Güter entstanden sind, oder der Kräfte, die dabei mitge-
wirkt haben. Diese Fragen gehören alle der Geschichte/an und können
ohl wirtschaftsgeschichtlich von Interesse sein, wirtschaftlich sind sie
ber völlig belanglos oder haben jedenfalls keine direkte Bedeutun
ür die Wirtschaftsführung. Dies schließt natürlich nicht aus, daß die
eschichte eines alten Gebäudes oder der Ursprung eines Gemäldes au
je Schätzungen dieser Güter seitens der jetzt lebenden Menschen und
amit auch auf ihr wirtschaftliches Handeln einen wichtigen Einfluß
usüben mögen. Solche Momente der Vergangenheit wirken indesse
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