erlassen, das aber von sehr geringer praktischer Bedeutung war, weil
98 sich nur auf solche Schächte bezog, die nicht bereits vor Ausbruch
des Krieges ernstlich in Angriff genommen waren. Es war daher auch
weiterhin durchaus möglich, zahlreiche früher angefangene Schächte
weiter zu teufen und zu förderfähigen Anlagen auszubauen.
Abgesehen von den bisher angeführten Gründen fehlte auch in der
Entwicklung der Kaliindustrie jenes hemmende Moment, das beim deut-
schen Steinkohlenbergbau dadurch gegeben war, daß neue Schächte in
der Hauptsache die Lagerstätten erst in größerer Tiefe erreichten und
daher nur mit zunehmenden Kosten niedergebracht werden konnten.
Außerdem war der erforderliche Kapitalaufwand für die Fertigstellung
eines neuen ‘Kalibergwerks wesentlich geringer als das Kapital-
arfordernis für ein neues Kohlenbergwerk.“
Das vorstehende Urteil der Sozialisierungskommission über die
Vorkriegsentwicklung der Kaliindustrie wurde gefällt im Anschluß an
die Beratungen der Sozialisierungskommission, denen ein Antrag des
Reichskalirats auf Abänderung der gesetzlichen Bestimmungen über die
Regelung der Kaliwirtschaft zugrunde lag. Im Zusammenhang mit: den
Sozialisierungsbestrebungen, die nach Beendigung des Krieges für eine
Reihe von Wirtschaftszweigen die Organisation einer gemeinschaft-
lichen Wirtschaftsführung vorsahen, ist auch die Organisation der Kali-
industrie umgestaltet worden. Abweichend von der Syndikatsbildung
der Kohlenwirtschaft in der Vorkriegszeit trug das Kalisyndikat bereits
seit. dem Jahre 1910 Zwangscharakter. Nunmehr wurde durch das
Gesetz über die Regelung der Kaliwirtschaft vom 24. April 1919 und
die hierzu erlassenen Durchführungsvorschriften vom 18. Juli 1919 die
Leitung der Kaliwirtschaft an den Reichskalirat übertragen*), der aus
Vertretern der beteiligten öffentlichen und privaten Stellen besteht. In
diesem Selbstverwaltungskörper der Kaliwirtschaft, dessen Aufgaben
und Befugnisse an einer späteren Stelle des Berichts behandelt werden,
kam man zu dem Ergebnis, daß eine Reorganisation der Kaliindustrie
grundsätzlich notwendig sei. Dementsprechende Vorschläge wurden der
Reichsregierung übermittelt und von dieser der Sozialisierungskom-
mission zur Begutachtung überwiesen. Dem Gutachten der Mehrheit
ler Sozialisierungskommission in großen Teilen folgend, wurden die
Vorschriften zur Durchführung des Gesetzes über die Regelung der Kali-
wirtschaft durch eine Verordnung vom 22. Oktober 1921 (Stillegungs-
verordnung) geändert.
Im Anschluß an diese Verordnung, betreffend Abänderung der Vor-
schriften zur Durchführung des Gesetzes über die Regelung der Kali-
wirtschaft vom 18. Juli 1919 und 22, Oktober 1921 (Stillegungsverord-
nung), hat sich in der Kaliindustrie ein grundsätzlicher Wandel voll-
zogen. Der Zweck dieser Verordnung bestand im wesentlichen darin,
die weit über das Bedürfnis hinaus angewachsene Zahl der Kaliwerke
auf das notwendige Maß zu vermindern und deshalb eine größere Zahl
von Werken, die unwirtschaftlich arbeiteten und durch ihren Weiter-
betrieb die Entwicklung der Kaliwirtschaft hemmten, zu einer Einstel-
1) Die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen sind auf S. 69 behandelt.