110 Sechstes Kapitel. Die Entwicklung der römischen Weltwirtschaft.
sächliche Wirksamkeit dieser Gesetze nichts bekannt. Im allgemeinen
dürfte der Zinsfuß um 10% geschwankt sein. Seine Höhe scheint
weniger von den hohen Handelsgewinnen (S. 66) als vielmehr
vom großen Risiko abgehangen zu haben sowie davon, daß die in
jeder Hinsicht mächtigere Klasse der Großgrundbesitzer, welche ur
sprünglich die Geldgeber für die kleinen Bauern waren, sowie
später jene der Geldleute ihre Position ausnutzte — waren doch
viele der Darlehen reine Notdarlehen. Die Teilnahme Noms am
Welthandel in der hellenistischen Periode senkte den Zinsfuß
(S. 83), so daß er am Ende der Republik in Rom vielfach tief
unter 10% gesunken ist. Brachten glückliche Feldzüge viel Geld
nach Rom (S. 98), so sank der Zinsfuß dementsprechend (Dio
Cassius LI, 21), während gleichzeitig z. B. die Preise der Grund
stücke stiegen. In den Provinzen, wo rücksichtslose Statthalter jede
Gelegenheit benutzten, sich Geld zu verschaffen, waren hohe Zins
sätze häufig nur eine bequeme Form der Beraubung. Die Höhe dieser
Zinsen, die 20 und mehr Prozent erreichte, ist natürlich in keiner
Weise von Angebot und Nachfrage, sondern im großen und ganzen
nur von der persönlichen Macht derjenigen abhängig, welche direkt
oder indirekt daran beteiligt waren. Daß Versuche des Senats, da
Ordnung zu schaffen, gegenüber den in den Provinzen allmächligen
Beamten meist wirkungslos blieben, ist nach den Zuständen, wie sie
z. B. im 1. Jahrhundert v. Chr. herrschten, nicht wunderzunehmen.
Selbst wohlwollende Männer wie Cicero leisteten nur schwachen
Widerstand, wenn einer ihrer Standesgenossen direkt oder indirekt
durch Strohmänner eine Provinz auf dem Wege des Darlehns
auswucherte (Cicero, An Attikus V, 21; V, 1 f).
Die gewerbsmäßige Beschäftigung mit Geldgeschäften scheint
in Rom etwa im 4. Jahrhundert v. Chr. begonnen zu haben. Die
Bankiers, welche sich in Rom ansiedelten, waren vielfach Fremde,
besonders Griechen. Zunächst waren sie in erster Reihe Geld
wechsler, die wegen der verschiedenartigen Währungen eine nicht
unwichtige Rolle spielten. Allmählich aber erhielt das Leihgeschäft
bei ihnen eine immer größere Bedeutung. Daß sie daneben sich
auch mit anderen Geschäften abgaben, war naheliegend (Cicero,
Über die Pflichten III, 58). Sie gewährten bald auch Darlehen.
Dies veranlaßte viele, den Bankiers Gelder zu übergeben, damit
diese damit Geschäfte machten und dafür einen Anteil an die
Kunden abgaben. Aber auch reine Depots kamen vor. Der Bankier
führte bald auch in Rom all die Geschäfte aus, die wir in