24
Die Befolgung der sogenannten Mittelstandspolitik gab
Anlaß zu diesem Vorgehen. Es trat also das Bestreben ein,
den kleinen, mehr handwerksmäßigen Betrieb zu schützen
gegenüber dem Großbetrieb. Auch der dem Reichstag jetzt
vorliegende Steuerentwurf für Norddeutschland schlägt diesen
Weg ein. Es soll hier die Württembergische Staffelung von
3,50 Mk. bis 6,25 Mk. in Kraft treten. Erfüllt nun die Staffelung
obigen Zweck, ist sie berechtigt und, wenn dies der Fall, bis
zu welchem Grad? Stellen wir zunächst folgendes fest. Man
nimmt an, daß die Großbrauereien bei einem Malzverbrauch
von 12 000 Zentnern beginnen. Diese Annahme entstand
bei Aufstellung einer Staffelung, sie kann natürlich an
gegriffen werden. Tatsächlich gehören Brauereien mit einem
Malzverbrauch von 10 000 bis 12 000 Zentnern noch zu den
mittleren Betrieben. Das Herzogtum Meiningen hat nur
eine Brauerei, welche den Verbrauch von 12 000 Zentnern
etwas übersteigt. Auch Koburg hat nur eine einzige Brauerei
init größerem Verbrauch, und zwar die Aktien-Brauerei
Coburg mit etwa 40 000 Zentnern. Dagegen besteht die
kleinere und mittlere Industrie hier in weitem Umfang. Wir
sind somit die geborenen Vertreter der Kleinbrauereien. Kann
daher die vorgeschlagene Staffelung der Kleinbrauerei nützen,
so müssen wir für sie eintreten.
Fragen wir deshalb:
1. Kann die Staffelung den Kleinbrauereien
Nutzen bringen? Diese Frage muß verneint werden.
In Bayern nahm die Zahl der Brauereien vom Jahr 1880
bis 1889 (d. h. vor Einführung der Staffel) um 249
oder um 27,6 iin Jahre ab. Nach Einführung der Staffel
von 1890 bis 1903 betrug die Abnahme 1091 oder 81,6 im
Jahr. Dagegen war in dieser Zeit ein wesentliches
Ansteigen sowohl des bayerischen Bierversands als der
bayerischen Großbrauerei festzustellen. In einer Verhandlung,
welche vor einigen Monaten im Reichsschatzamt zwischen Ver
tretern der Regierung und der Brauereien stattfand, konnte
deshalb mit vollem Recht die Erklärung seitens der letztcrn
abgegeben werden: Die bayerische Staffelung hat mit ihrer
Mittelstandspolitik bankerott gemacht.
In Württemberg zeigte sich dasselbe Ereignis. Der
Rückgang der kleineren und mittleren Brauereien wurde in
keiner Weise verhindert. Vor allen Dingen zeigte die Klein
brauerei, die nur bis zu 1000 Ztr. Malz verarbeitet,
eine überraschende Abnahme. Auch die mittleren Brauereien
zeigten einen erheblichen Rückgang, selbst die den Groß
betrieben zustrebenden Brauereien behaupteten kaum den seit
herigen Stand. Norddeutschland will jetzt die württem-
bcrgische Staffelung einführen, erstrebt also die dortigen Zu