Full text: Die geplante Erhöhung der Brausteuer für das norddeutsche Braugewerbe und deren Folgen

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Die Befolgung der sogenannten Mittelstandspolitik gab 
Anlaß zu diesem Vorgehen. Es trat also das Bestreben ein, 
den kleinen, mehr handwerksmäßigen Betrieb zu schützen 
gegenüber dem Großbetrieb. Auch der dem Reichstag jetzt 
vorliegende Steuerentwurf für Norddeutschland schlägt diesen 
Weg ein. Es soll hier die Württembergische Staffelung von 
3,50 Mk. bis 6,25 Mk. in Kraft treten. Erfüllt nun die Staffelung 
obigen Zweck, ist sie berechtigt und, wenn dies der Fall, bis 
zu welchem Grad? Stellen wir zunächst folgendes fest. Man 
nimmt an, daß die Großbrauereien bei einem Malzverbrauch 
von 12 000 Zentnern beginnen. Diese Annahme entstand 
bei Aufstellung einer Staffelung, sie kann natürlich an 
gegriffen werden. Tatsächlich gehören Brauereien mit einem 
Malzverbrauch von 10 000 bis 12 000 Zentnern noch zu den 
mittleren Betrieben. Das Herzogtum Meiningen hat nur 
eine Brauerei, welche den Verbrauch von 12 000 Zentnern 
etwas übersteigt. Auch Koburg hat nur eine einzige Brauerei 
init größerem Verbrauch, und zwar die Aktien-Brauerei 
Coburg mit etwa 40 000 Zentnern. Dagegen besteht die 
kleinere und mittlere Industrie hier in weitem Umfang. Wir 
sind somit die geborenen Vertreter der Kleinbrauereien. Kann 
daher die vorgeschlagene Staffelung der Kleinbrauerei nützen, 
so müssen wir für sie eintreten. 
Fragen wir deshalb: 
1. Kann die Staffelung den Kleinbrauereien 
Nutzen bringen? Diese Frage muß verneint werden. 
In Bayern nahm die Zahl der Brauereien vom Jahr 1880 
bis 1889 (d. h. vor Einführung der Staffel) um 249 
oder um 27,6 iin Jahre ab. Nach Einführung der Staffel 
von 1890 bis 1903 betrug die Abnahme 1091 oder 81,6 im 
Jahr. Dagegen war in dieser Zeit ein wesentliches 
Ansteigen sowohl des bayerischen Bierversands als der 
bayerischen Großbrauerei festzustellen. In einer Verhandlung, 
welche vor einigen Monaten im Reichsschatzamt zwischen Ver 
tretern der Regierung und der Brauereien stattfand, konnte 
deshalb mit vollem Recht die Erklärung seitens der letztcrn 
abgegeben werden: Die bayerische Staffelung hat mit ihrer 
Mittelstandspolitik bankerott gemacht. 
In Württemberg zeigte sich dasselbe Ereignis. Der 
Rückgang der kleineren und mittleren Brauereien wurde in 
keiner Weise verhindert. Vor allen Dingen zeigte die Klein 
brauerei, die nur bis zu 1000 Ztr. Malz verarbeitet, 
eine überraschende Abnahme. Auch die mittleren Brauereien 
zeigten einen erheblichen Rückgang, selbst die den Groß 
betrieben zustrebenden Brauereien behaupteten kaum den seit 
herigen Stand. Norddeutschland will jetzt die württem- 
bcrgische Staffelung einführen, erstrebt also die dortigen Zu
	        
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