Full text: Die Arbeiterfrage in der Südrussischen Landwirtschaft

Man sieht aus dieser Tabelle, dass die Naturallohnsätze zwischen 
1 10 und ’/a des Rohertrages schwanken. Auch innerhalbdieserSchwankungen 
ist aber eine Tendenz zu Aenderungen mit der Zeit kaum zu verspüren. 
Aus welchen Elementen setzen sich nun die Arbeiter, die mit Heu 
ernteanteilen entlohnt werden, zusammen? Welche Bauernkategorien sich 
unter solchen Bedingungen für Getreide- und Heuerntearbeiten verdingen, 
darauf geben die uns zur Verfügung stehenden Angaben keine statistisch 
zu belegende Antwort. Nach unseren Ausführungen über die wirtschaft 
liche Grundlage des Beibehaltens der Naturallöhne tritt aber hervor, 
dass es nicht die Wanderarbeiter sind, die Entlohnung mit Heuernte 
anteilen erhalten, da sie dafür keine Verwendung haben. Unter den 
einheimischen Arbeitern überwiegen die grundbesitzenden Bauern, deren 
Wirtschaft unter dem Mangel an Wiese- und Weideland leidet. Je grösser 
dieser Mangel ist, desto mehr sind sie geneigt, die Entlohnung in der 
Form der Heuernteanteile anzunehmen. 
Dass der Naturallohn in Form eines Teiles des Rohertrages am meisten 
für Heuschläge verwendet wird, erklärt sich eben aus Folgendem. Die Getreide 
erntearbeiten fordern eine bedeutend grössere Zahl Arbeiter, als die Heu 
ernte. Für diese kann man sich mit den einheimischen Arbeitern begnügen, 
dagegen für die ersteren sind schon die Wanderarbeiter und andere freiere 
Arbeiter, wie die einheimischen grundbesitzenden Bauern unentbehrlich. 
Die Entlohnung mit Ernteanteilen bringt einige Vorteile sowohl 
für den Gutsherrn wie auch für den einheimischen grundbesitzenden 
Landarbeiter mit sich. Für den ersten besteht der Vorteil darin, dass 
die Entlohnung mit Ernteanteilen es dem Gutsherrn beim Mangel an 
Geldmitteln ermöglicht, die Arbeiter ohne grosse Ausgaben zu entlohnen. 
Einen grossen Vorteil hat diese Form des Naturallohnes darin, dass 
der Anteil aus dem Roherträge, den der Arbeiter erhält, viel weniger 
als die Geldlöhne schwankt, was bei den starken Schwankungen der 
Ernte in den neurussischen Gouvernements den Vorteil noch vergrössert. 
Wie gut oder schlecht aber die Ernte sein mag, der Gutsherr 
verliert im Grunde genommen gar nichts. «Unter keinen Erntezuständen 
oder Getreide- resp. Heupreisen kann der Gutsherr eine Einbussc er 
leiden; nur bei vollständiger Missernte reduziert sich sein Gewinn auf 
Null. Aber auch in diesem Falle bildet die Ausgabe für den Arbeits 
lohn für den Gutsherrn keinen Verlust.» 1 ) 
■) Annensky, Die Produktionskosten vom Getreide in den gutsherrlichen Wirt 
schaften. Die Wirkung der Getreideernte und Getreidepreise auf die Volkswirtschaft in 
Russland. Sammlung herausgegeben von A. Tschuprow u. W. Postnikow.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.