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und Bodens vom laufenden Zinsfuss wird zu einem Regulator der
Kreditverpflichtungen und wirkt deshalb eher wohlthätig, als nach
theilig.» 1 ) Conrad macht wieder darauf aufmerksam, 2 ) dass die
Zinsfussschwankungen dem Grundbesitzer auch erhebliche Vor
theile bieten können und dass man nicht ausser Acht lassen
darf, dass bei der Schätzung des Grund und. Bodens eine Menge
Umstände Berücksichtigung finden, welche die Schwankungen
des Zinsfusses nicht zur vollen Geltung kommen lassen, ihre
Bedeutung also abschwächen. 3 ) Aus praktischem Gesichtspunkte
muss wieder berücksichtigt werden, dass eine im Verhältnisse
des Kapitalwefthes des Grundbesitzes zum Kapitalwerthe der
Schuldenlast, anlässlich der Zinsfussschwankungen eintretendc
Veränderung nur bei einer kurzfristigen kündbaren Kapitalschuld
von Bedeutung ist; bei einem langfristigen kündbaren Darlehen
erleidet das Verhältniss zwischen Kapitalwerth der Schuld und
zwischen Grundbesitzwerth keine bedeutende, bei amortisirbaren
Hypothekardarlehen beinahe gar keine Veränderung.
Rodbertus’ Ansicht ferner, wonach die Überschuldung
des Grund und Bodens nur durch Anwendung des Rentenprinzips
verhindert werden kann, ist auch irrig; denn im Endresultate
ist es für die Lage des Grundbesitzers gleichgiltig, ob er einen
gewissen Theil seines Einkommens aus dem Bodenertrag als
Rentenantheile, oder als Kapitalszinsen, dritten Personen hinzu
zahlen hat. Vielmehr eben unter dem System der Ewig
rente muss infolge, der zur Übernahme neuer Rentenlasten zwin
genden, unvermeidlichen Umstände (im Falle einer jeden neuen
Vererbung) die Überschuldung nothwendigerweise eintreten,
welcher das heute geltende und mit Rückzahlungszwang ver
bundene kapitalistische Verschuldungsprinzip immerwährend
Schranken zu setzen bestrebt ist. In diesem Sinne äussern sich
Buchenberger, Knies, Jentsch und von den ungarischen
Schriftstellern Földes und Rath 4 ) Mit anderen Worten, auch
unter dem Rentenschuldsystem könne es Grundbesitzer geben,
*) Buchenberger: Agrarwesen und Agrarpolitik. II. S. 104.
2 ) Conrad: Rentenprinzip. (Handwörterbuch d. Staatswiss. V. Jena, 1893.
;S. 429.)
3 ) Conrad: eit. Abhandl. das Rentenprinzip nach Rodbertus’ Vor
schlag etc. Hildebrand Jahrbücher. XIV. Jena, 1870. S. 165.
4 ) Buchenberger (ibid S. 105) meint dass: «... das System der
Ewigrente» «... sehr wohl mit der Zeit eine «Rentenknechtschaft» zur Folge
.haben könnte, die von der «Zinsknechtschaft» des kapitalistischen Verschul-
dungssystems in Nichts verschieden wäre»; Knies: ibid S. 353 und 354;
Jentsch: Rodbertus. Stuttgart, 1899. S. 216; Földes: Tärsadalmi gazda-,
sägtan. (Socialwirtschaftslehre.) II. Budapest, 1894. S. 67 und Rath Z o 1-