■deren, ganzes Grundeigenthum als fremdes Vermögen erscheint
und die auf ihrem [Boden für Andere zu wirtschaften gezwungen
sind. R o d b e r t u s’ Irrthum rührt aus dem Verkennen jener
Thatsache her, dass nicht nur die Art der Kreditverbindlichkeit,
sondern schon allein die unrationelle Verwendung des Grund
besitzkredites geeignet ist, den Grundbesitz in eine Nothlage
zu versetzen, zu deren Milderung anstatt Kapitalzinsen, die Ab
führung von Rentenantheilen nicht dienen kann.
Die Anwendung des Rentenprinzips ist auch dann mit
Schwierigkeiten verbunden, wenn das Darlehen nicht zwecks
Grundbesitzerwerb, sondern zu Bau- und Ameliorationszwecken
in Anspruch genommen wird, alsdann die zu errichtenden Ge
bäude und Meliorationen als Pfandobjekte zu betrachten sind;
denn in diesen fällen kann der Gläubiger auf die Tilgung nicht
verzichten, nachdem das Pfandobjekt mit der Zeit von seinem
Werthe verliert, während doch das R o d b e r tu s’sche Renten
prinzip die Tilgung gänzlich ausschliesst. Rodbertus wich
später (in seinem Briefe vom 1. Mai 1871P) von seinem schroffen
Standpunkt und anerkannte auch die Nothwendigkeit der araor-
tisirbaren Rentenschulden. Eine Rentenschuld mit Tilgungs
zwang kann selbstredend auch schon in den erwähnten Fällen
zur Anwendung gelangen.
Daraus, dass der Grundbesitz nur Ertrag, nur Rente abwirft,
der Rentenfonds an sich jedoch in den Ergebnissen der Bewirt
schaftung nicht inbegriffen ist, folgerte Rodbertus, dass der
Grundbesitzer bei Grundbesitzerwerb mittelst Kapitalschuld eine
\ erpflichtung auf theilweise, oder gänzliche Rückerstattung der
Kapitalsschuld nicht auf sich nehmen kann; die Unhaltbarkeit
dieser Ansicht liegt klar, wenn wir in Anbetracht nehmen, dass
— abgesehen von der Verschuldung bis zur vollen Werthgrenze,
für welchen Ausnahmsfall Rodbertus’ Folgerung richtig ist
—- der Grundbesitzer seine Kapitalschuld jederzeit konvertiren,
beziehungsweise durch Aufnahme einer neuen Schuld, die alte
Last tilgen kann.
Trotz der in den R o d b e r t u s’schen Lehren über die
tän: A földbirtokososztäly hitelszükseglete s annak kielegitese (Der Kredit
bedarf der Grundbesitzerklasse und seine Befriedigung) (Nemzetgazdasägi
szemle [Volkswirtschaftliche Revue] 1891. S. 934 und 935). Letzterer hält
eben dieser Überschuldung halber die Anwendung des 11 o d b e r t u s sehen
Rentenschuldprinzips mit den Interessen der Grundbesitzerklasse unvereinbar.
l) Briefe und sozialpolitische Aufsätze von Dr. Rod-
bertus-Jagetzow, herausgegeben von Dr. Rudolph Mayer. Bd. I.
Berlin, 1882. (S. 71 und ff.)