Löhne in der gewerblichen Kinderarbeit.
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nicht geeignet ist, wo die Arbeit zu lange währt und wo sie zu unpassenden
Zeiten statlfindet. Dabei ist nicht außer Betracht geblieben, daß der Verdienst
der Kinder, wenn er auch nach einzelnen Mitteilungen kaum nennenswert
ist, doch in manchen Fällen sür eine in ärmlichen Verhältnissen lebende Familie,
zumal wenn gleichzeitig mehrere Kinder gewerblich tätig sind, einen relativ
nicht unbedeutenden Zuschuß zu den Kosten des Haushalts darstellt. Auf die
Lage der Eltern ist daher, soweit die Interessen des Kinderschuhes dies zu
ließen, billige Rücksicht genommen worden."
Dieser Satz führt uns zur Beleuchtung der wirtschaftlichen
Seite der Frage.
IV. Löhne in der gewerblichen Kinderarbeit.
Im allgemeinen läßt sich behaupten, — und zwar auf Grund
amtlicher Angaben (vgl. Agahd, Kinderarbeit S. 90—101), — daß
die gewerbliche Kinderarbeit entweder sehr niedrig bezahlt, oder aber
dort, wo sie gut gelohnt zu werden scheint, einen Kräfleaufwand ver
langt, der auch zu dem besseren Lohne in gar keinem Verhältnis
steht. (Kegelstellen, Hausieren). Die bei den Eltern arbeitenden
Kinder erhalten wohl in der Mehrzahl keinen Lohn. Die amtlichen
Erhebungen von 1900 haben denn auch hier und da (Gotha, Mei
ningen, Rudolstadt) nur Angaben über fremde Kinder gebracht.
Was zur Zeit geschehen konnte, davon gibt folgende Zuschrift Kunde:
„Bis jetzt gehen Kinder von 8 Jahren zum Tabakspinner, arbeiten
täglich etwa 4—6 Stunden, in den Ferien den ganzen Tag, und
erhalten wöchentlich 60—75 Pf." Ein achtjähriges Kind in
anerkannt gesundheitsschädigendem Arbeitsraum pro Stunde mit
2 Pfennigen zu entlohnen, das ist eine Schande. Ob man
solchen Kindern in den Ferien mehr bezahlt, ist zu bezweifeln. Aus
Westfalen kommt uns ähnliche traurige Kunde. Stellenweise besser
liegen die Verhältnisse in der rheinischen Hausindustrie. S.-C.°Gotha
hat jämmerliche Löhne in der Knopf-, Puppen-, Spielmarenindustric.
Der Landrat des Bezirks Königsce (Schw.-Rudolstadt) schreibt jedoch,
„daß der Familienvater immerhin bei den oft knappen Löhnen mit
diesen Beträgen (dort täglich 15 Pf.) sehr wohl rechnen kann und muß".
An der Hand überaus umfangreicher Materialien kommt
Schwiedland') zu dem Schluß, daß — bei aller Anerkennung behörd-
) Ziele und Wege einer Heimarbeitgesetzgebung. Wien 1903.