Full text: Die Untersuchung landwirtschaftlich und gewerblich wichtiger Stoffe

Die Untersuchung der Sämereien. 
445 
7. Gehaltsspielraum (Latitüde). Der zulässige Gehaltsspielraum ist in No. 12 
der anfangs mitgeteilten Vereinbarungen des Verbandes landw. Versuchs-Stationen 
angegeben. Die Art einer Entschädigungsberechnung ergibt sich aus folgendem 
Beispiel: Ist bei einem Samen im Gebrauchswert ein Gehaltsspielraum von 5 °/ 0 
als zulässig erachtet worden, d. h. werden z. B. von 83,5 °/ 0 garantiertem Gebrauchs 
wert nur 79,32 °/ 0 (also 4,18 °/ 0 weniger) gefunden, so muß sich der Käufer, ohne 
Schadenersatz beanspruchen zu können, zufrieden geben. Fehlt mehr, also etwa 
6 °/ 0 , oder wenn statt 83,5 °/ 0 nur 77,5 °/ 0 vorhanden sind, so muß Vergütung ein- 
treten und in diesem Falle nach vielfachen Kontraktsbestimmungen für den ganzen 
Fehlbetrag. 
Ist der vereinbarte Preis = 50 M. für 1 Ztr. gewesen, so kostet nach der 
60 
Garantie eine Einheit Gebrauchswert ^ „ = 0,597 II., also sind vom Preise abzu 
ziehen 0,597 x 6 = 3,58 M.; oder wenn die zugestandenen 4,18 °/ 0 Latitüde auch 
in größeren Differenzfällen gelten, kann 0,597 (6,00 — 4,18) = 1,09 M. vom ver 
einbarten Preise abgezogen werden. 
Was die Untersuchung auf Seide (Cuscuta, Kleeseide oder Flachsseide) an 
belangt, so bestimmen hierfür die technischen Vorschriften des Verbandes landw. 
Versuchs-Stationen i. D. E., daß die ganze eingeforderte Menge, also 50 g für 
Bastardklee, Weißklee usw., 100 g für Rotklee, Luzerne usw. auszulesen ist, und 
zwar nicht nur das Aussiebsei, sondern auch der Rückstand. Hinsichtlich des 
Gehaltes an Seide lauteten frühere Bestimmungen dahin, daß ein Gehalt an 
Cuscuta bis zu 10 Körnern für 1 kg in einer als „seidefrei“ verkauften Ware einen 
Abzug von 5 °/ 0 , ein Gehalt von 11—30 Körnern einen Abzug von 10 °/ 0 des Kauf 
preises bedingen, und mehr als 30 Körner für 1 kg den Käufer berechtigen soll, 
die Ware zur Disposition zu stellen. 
Die Kontrollverträge der landw. Kreisvereine im Königreich Sachsen be 
stimmen, daß bei Vorhandensein von einem Seidesamen in 100 g einer als seidefrei 
garantierten Saatware diese Ware zurückgegeben werden kann, sobald die Unter 
suchung einer zweiten Probe den ersten Befund bestätigt. Seidekapseln werden, 
da sie oft taube, unausgebildete Samen enthalten, meist als ungefährlich bezeichnet. 
Doch hat Kinzel nachgewiesen, daß auch die unreifen Samen der Kapseln oft 
regelrecht keimen. Im Untersuchungsbericht sind jedenfalls die Seidekapseln immer 
besonders aufzuführen. Im übrigen sei auf einen, die Seidefrage eingehend er 
örternden Aufsatz von Hiltner 1 ) hingewiesen. 
') Prakt. Blätter f. Pflanzenbau u. Pflanzenschutz 1903, 1, 50, 68.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.