Wein.
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eintretende Nachgärung hervorgerufen werden. Diese Krankheit kann durcli Lüften des
Weines und wiederholtes Abziehen desselben auf frische Fässer unter gleichzeitigem Schönen
gehoben werden.
Mancher Wein wird während und bald nach der Gärung fadenziehend, schleimig,
zäh, wenn (meist unter dem Einfluß frühzeitiger Essigbildung hei langsamer, ungleich
mäßiger Gärung) ein kleiner Teil des Zuckers in Mannit übergegangen und dann die
Schleimgärung eingetreten ist. Ganz besonders ist dies der Pall bei mit Rohrzucker ver
setztem Wein, wenn derselbe aus Mangel an genügender Hefe nicht invertiert wird und so
sehr leicht unregelmäßig vergärt.
Das Bitterwerden kommt ganz besonders hei Rotweinen vor und beruht auf einer
Zersetzung des ursprüglich darin vorhandenen Gerbstoffes.
Kahmig-(Kuhnig-)werden des Weines. Wenn von der Oberfläche ruhig lagernder
Weine mit weniger als 10 Gewichtsprozenten Weingeist nicht sehr sorgfältig die Luft ab-
gehalten wird, so bildet sich darauf eine weiße Decke von einer üppig wuchernden Kahm-
(Kuhnen-) Pilzvegetation (Mycoderma vini); durch den Kahmpilz, als energischen Sauerstoff-
Überträger, wird der Weingeist des Weines zu Kohlensäure verbrannt, aber auch Extrakt
bestandteile, unter anderen Säure, werden aus dem Weine aufgezehrt. Solche stark verkulmte
Weine besitzen nach Entfernung der Kuhnendecke faden Geruch und Geschmack, niederen
Weingeistgehalt, wenig Säure. Bei fortschreitender Zerstörung des Weingeistes können
sie in vollständige Fäulnis übergehen.
Siedelt sich bei schlecht vor Luft geschützten Weinen statt des Kahmpilzes der
Essigpilz (Mycoderma aceti) an, so wird der Weingeist nicht zu Kohlensäure, sondern zu
Essigsäure oxydiert. Der Bssigpilz (Mycoderma aceti) kann noch bei 12 Gewichtsprozenten
Weingeist im Wein wachsen.
Das Umschlagen oder Brechen des Weines findet man vorwiegend hei Rotweinen.
Die Weine, auch wenn sie vollständig vergoren sind, trüben sich unter schwacher Kohlen
säureentwickelung. Der Wein nimmt einen unangenehmen Geruch und Geschmack an und
wird schließlich ganz ungenießbar. Rotweine werden braun. Die Krankheit wird durch
mehrere Mikroorganismen verursacht. Es findet vorwiegend eine Zersetzung des Wein
steins statt.
Der sog. Böckser, ein Geruch und Geschmack des Weines nach faulen Eiern,
entsteht durch Sohwefelwasserstoffbildung im Woin. Schwefelwasserstoff kann im Wein
auftreten durch Aufnahme von Schwefelverbiudungen seitens der Rehenwurzeln aus dem
Boden, oder durch längeres Verbleiben von Schwefel im gärenden Wein, der mit geschwefelten
Traubentrestern (Mittel gegen Traubenkrankheit) oder durch Abtropfen schmelzenden
Schwefels, vom Einbrennen herrührend, in den Wein gelangt, oder endlich durch faulige
Zersetzung der am Boden des Fasses noch befindlichen Hefe des Weines.
Geruch und Geschmack des Weines können noch geändert werden durch andere
Eäulniserzeugnisse der Hefe, durch faule Trauben oder schlechte, schimmelige Fässer, zu
langes Lagern in nur teilweise gefüllten Fässern usw.
Der Farbstoff des Rotweins ist außerordentlich leicht ausfällhar. Mit jeder
Weinsteinabscheidung im Wein durcli Kälte oder sonstige Einflüsse verliert der Rotwein
zugleich auch merkliche Mengen von Farbstoff.
Wenn gewisse Stoffe von teilweise fauligen Trauben im Rotwein sich unter
dem Einfluß der Luft ahsetzen, so können sie unter Umständen den gesamten Farbstoff
mit ausfällen und dem Wein ein mißfarbiges Aussehen verleihen.
Auch geringe Mengen von Fuchsin können sich mit solchen Stoffen niederschlagen;
s ie können aber auch von den Faß Wandungen aus durch einen andern fuchsinfreien Rot
wein, welcher später in das Faß kommt, teilweise wieder gelöst werden.
Nachgärung. Wenn in einem Weine während des Sommers eine starke Gärung
auftritt, so gestattet dies noch nicht die Annahme, daß ein Zusatz von Zucker oder
zuokerreichen Stoffen, z. B. Honig u. a., stattgefunden habe, denn die erste Gäl’ung kann
durch verschiedene Umstände verhindert oder der Wein kann mit zuckerreichem Wein
Verschnitten sein.