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welche sich doch selber fast ausschließlich aus der Mitte
derselben Fronherren rekrutierten. Außerdem hat unter
Alexander I. eine für die Leibeigenen verhängnisvolle Ge
pflogenheit Platz gegriffen. Sie wurden nämlich wie Sachen
an die Unternehmer verschiedener Arbeiten oder an die
Fabriken pachtweise abgegeben. Die Lage dieser Leib
eigenen, die das Los von Sklaven trugen, war geradezu
beklagenswert und menschenunwürdig. 1 )
Wie gestalteten sich die übrigen Seiten des ökono
mischen Lebens in Rußland in der uns interessierenden
Zeitperiode?
Mit Bezug auf die Industrie muß zunächt konstatiert
werden, daß sie um jene Zeit tatsächlich schon einige Fort
schritte gemacht hatte. Allerdings waren dieselben nicht be
trächtlich. Indessen war auch hier eine Situation geschaffen,
die gebieterisch eine Änderung der socialen Verhältnisse
forderte.
Bekanntlich ist die russische Industrie auf Peter den
Großen zurückzuführen, der zuerst Manufakturfabriken in
seinem Lande gegründet hat. Um jene Zeit, d. h. im XVIII.
Jh., lagen die sozialen Verhältnisse in Rußland so, daß die
Fabriken ohne fronpflichtige Arbeit nicht hätten bestehen
können. Es gab nämlich noch keine freien Arbeiter. Auch
war die fronpflichtige Arbeit wegen der niedrigen Stufe der
damaligen Technik viel lohnender als jede andere. So kam
es denn, daß alle Industriezweige mit der herrschenden fron
pflichtigen Arbeit gegen Ende des XVIII. Jh. nicht nur den
inländischen Markt versorgen, sondern auch nach dem Aus
land exportieren konnten. 3 )
Die Lage wurde aber eine ganz andere im XIX. Jh.,
als die Technik es ermöglichte die Ffandarbeit durch die
Maschine zu ersetzen.
Die fronpflichtige Arbeit ließ sich nur sehr schwer
einer Produktionsweise anpassen, die mit technisch voll-
b Vgl. Sem. 195—7. — 2 ) T.-Bar. I. 81-82.