Full text: Weltwirtschaftliche und politische Erdkunde

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ZWEITER TEIL: DER VERKEHR 
Unter den einzelnen Linien des Weltbahnnetzes sind für den 
Großverkehr diejenigen am wichtigsten, die über große Strecken 
in mehr oder weniger gerader Richtung führen, insbesondere die- 
jenigen, die quer über die Kontinente hinweg deren gegenüber- 
liegende Ränder verknüpfen und in ihren Enden wieder die Anfangs- 
punkte der großen Schiffahrtslinien bilden. Nur Europa und Amerika 
haben mehrere solcher Überland- oder Kontinentalbahnen. 
Asien und ganz neuerdings Australien besitzen deren eine, Afrika 
noch keine. 
Als Betriebsstoff dient für die meisten Länder die Kohle. Nur in 
kohlenarmen, aber waldreichen Ländern, wie: in Schweden, Finnland, Nord- 
:ußland, vielen tropischen Gebieten, werden die Lokomotiven mit Holz geheizt. 
Das Betriebsmittel der südrussischen und vorderindischen Bahnen ist Petro- 
leum oder Massut. Die auf allen Gebieten der Industrie und des Verkehrs 
schnell zunehmende Verwendung der elektrischen Kraft hat dazu geführt, daß 
heute viele an Wasserkräften reiche Länder, wie Bayern, Österreich, Italien 
and die Schweiz, in steigendem Maße zur Elektrifizierung ihrer Schienenwege 
übergehen, In der Schweiz werden bereits 80%, aller Bahnen, in Österreich 
8,7%» in Schweden 7,5%, in Italien 6,6 % in Deutschland, England und Frank- 
reich ungefähr 2% elektrisch betrieben. 
Die Fahrgeschwindigkeit der Züge steigert sich von Jahr zu Jahr. In 
Großbritannien und Frankreich legen die schnellsten Eisenbahnzüge durchschnitt- 
lich 90 bis 100 km, in Deutschland 88,5 km in der Stunde zurück. Die mittlere 
Stundengeschwindigkeit der Schnellzüge ist aber in allen Ländern viel geringer 
ınd betrug im Jahre 1925 in Deutschland 58,1 km. In England und Frankreich ist 
sie um wenige Kilometer größer, Rußland und Spanien dagegen haben eine 
Schnellzugsgeschwindigkeit von nur 35 bis 45 km, d. i. etwa die Geschwindigkeit 
ınserer beschleunigten Personenzüge. Die Vereinigten Staaten besitzen einige 
„Paradezüge‘“ mit Durchschnittsgeschwindigkeiten von 109, 111 und 115 km; 
im übrigen aber bleiben dort die Geschwindigkeiten beträchtlich unter denen der 
mittel- und westeuropäischen Bahnen. — Die höchsten Eisenbahnen der 
Welt liegen in Bolivien und Peru, wo mehrere Adhäsionsbahnen Montblanc- 
Höhe erreichen, ja überschreiten. Die nördlichsten Bahnlinien der Erde 
sind die Ofotenbahn (vgl. S. 136) und die während des Weltkrieges von 
deutschen und österreichischen Kriegsgefangenen erbaute Murmanbahn, die 
Rußland nach Sperrung der Zugänge im Schwarzen Meer und in der Ostsee 
für die Proviant- und Munitionszufuhr aus den Ländern seiner westlichen Ver- 
bündeten brauchte. 
Eigentümer der Eisenbahnen ist in den meisten Ländern der Staat, 
so in Deutschland, Österreich, Rußland, Bulgarien, Belgien, in der Schweiz, 
in Italien und Portugal, in Ägypten, Algier, Mexiko, Brasilien, China, Japan, 
in den meisten englischen Kolonien u. v.a. Dagegen sind in England, Frank- 
reich, Argentinien, Chile, Abessinien u. a. die Bahnen ganz oder zum größten 
Teil im Besitz von Privatgesellschaften. In Dänemark, Schweden, den 
Niederlanden und Niederländisch-Indien, Spanien und Griechenland gehören 
die Bahnen etwa zu gleichen Teilen dem Staat und Privatunternehmungen. 
Kanada und andere Länder haben neben reinen Staatsbahnen und f reinen 
Privatbahnen das gemischte System: Privatgesellschaften, an denen der 
Staat mit starken Subventionen und entsprechenden Aufsichts- und Betriebs- 
rechten beteiligt ist. Selbstverständlich aber verfügt der Staat in allen Ländern 
aus wirtschaftlichen, sozialen und nicht zuletzt aus militärischen Gründen über 
weitgehende Einflüsse und Aufsichtsrechte gegenüber den privaten Eisenbahn- 
gesellschaften.
	        
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