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XL Die Stahlfabrikation des neunzehnten Jahrhunderts
Der große Vorteil des Siemens-Martin-Verfahrens für die Ver
einigten Staaten besteht darin, daß mit dem basisch offenen Herd-
Prozeß unsere ungeheuren Lagen von hoch phosph'orhaltigem
Eisenerz für die Stahlfabrikation benutzt werden können, während
das nach amerikanischer Art angewandte Bessemer-Verfahren Erze
erfordert, die verhältnismäßig schwefelfrei sind; solche Erze finden
sich jedoch nur in mäßiger Anzahl. Alles in allem ist die Pro
duktion des offenen Herd-Stahls in rapidem Steigen begriffen.
So folgte dem eisernen Zeitalter, welches während des letzten
Jahrhunderts für immer dahinging, das Zeitalter des Bessemer
stahls, doch nur um seiner Herrschaft sich nicht länger als sechs
unddreißig Jahre zu erfreuen; das Bessemer Zeitalter begann im
Jahre 1864; es entschwindet nun gleichfalls, um dem Zeitalter
des offenen Herd-Stahls von Siemens und Martin Platz zu machen.
Schon nimmt das Produkt des offenen Herd-Verfahrens eine höhere
Stellung in England ein, als das Bessemer; das gleiche — so
möchte ich Voraussagen — wird bald in den Vereinigten Staaten
der Fall sein.
Der Ablauf des Bessemer Zeitalters hat den amerikanischen
Süden als Stahlverfertiger möglich gemacht, während er vorher
dafür nicht in Betracht kam, da seine Erze für das Bessemer-Ver
fahren nicht verwendbar sind; dagegen werden sie wahrscheinlich
bald genug dem offenen Herd-Verfahren angepaßt werden können.
Solange die neuen Stahlwerke der Tennessee-Gesellschaft sich nicht
im vollen Betriebe befinden und erst eine Zeitlang gearbeitet haben,
fehlt der Beweis noch, ob Stahl dort billig genug hergestellt werden
kann, um den Süden zu einem großen Zentrum der Stahlfabri
kation zu machen. Das experimentelle Stadium dafür ist noch nicht
voll durchlaufen, da sich bis jetzt nur ein Teil der Anlagen im
Betriebe befindet; dennoch scheint wenig Grund verhanden, daran
zu zweifeln, daß etwa noch auftauchende Schwierigkeiten zu guter
Letzt beseitigt Und daß der amerikanische Süden sehr bald ein
gewichtiger Faktor in der Stahlfabrikation werden wird.
Das gegenwärtige Stahlzentrum liegt in dem Viereck, das
begrenzt wird durch Linien, welche von Pittsburg nach Wheeling,
von Wheeling nordwärts nach Lorain und von Lorain ostwärts
nach Cleveland und südwärts wieder nach Pittsburg gezogen wer