Full text: Bericht der Zentralstelle zur Beschaffung der Heeresverpflegung für die Zeit bis zum 30. April 1916

könnten, daß ihre Betriebe also, wenn man ihnen die Gerste alter Ernte nähme, für längere 
Zeit lahmgelegt würden. Diesen Anträgen konnte anfangs nicht stattgegeben werden, weil es 
erforderlich schien, alle verfügbare Gerste für die Heeresverwaltung heranzuziehen. Eine Aenderung 
trat jedoch ein, als es möglich wurde, einen Teil des Bedarfes an Pferdefutter durch Grün 
futter zu befriedigen, und die Bundesratsverordnung vom 28. Juni 1915 über den Verkehr mit 
Gerste aus dem Erntejahr 1915 (Reichs-Gesetzbl. S. 384) in § 27 bestimmte, daß den Gerste 
verarbeitenden Betrieben, die ein Kontingent erhielten, die Gerste aus dem Erntejahr 1914, 
die sie noch im Besitz hatten, auf ihr Kontingent anzurechnen sei. Dadurch wurde die Gerste, 
die ihnen aus dem Erntejahr 1914 belassen wurde, für das Erntejahr 1915 erspart und kam 
in diesem der Heeresverwaltung zugute. 
Bezüglich der Gerste wurde nicht nur Bayern und Württemberg, wie das bei Hafer 
der Fall war, sondern auch Elsaß-Lothringen als ein Kommunalverband behandelt. Die Ver 
fügung über die innerhalb dieser Bundesstaaten und des Reichslandes befindliche Gerste und das 
dort befindliche Mengkorn erfolgte durch die zuständigen Ministerien. 
Durch die Bundesratsverordnung vom 28. Juni 1915 (Reichs-Gesetzbl. S. 384), durch 
die die Regelung bezüglich der Gerste für das Erntejahr 1915 erfolgte, wurde die Gerste für 
die Kommunalverbände, in denen sie sich befand, beschlagnahmt und die regiminellen Befugnisse 
der Reichsfuttermittelstelle übertragen. Diese Verordnung brachte auch sonst noch grundsätzliche 
Neuerungen, indem jedem Besitzer gestattet wurde, trotz der Beschlagnahme die Hälfte seiner 
Gerstenernte im eigenen Betrieb zu verwenden und auch seine übrige Gerste an Betriebe mit 
Kontingent (Bierbrauereien, Grütze-, Graupen- und Malzkaffee-Fabriken) zu liefern. Da die 
Gerstenernte ebenso wie die Haferernte nicht gut ausfiel, und die Besitzer von Gerste bei Lieferungen 
an kontingentierte Betriebe nicht an Höchstpreise gebunden waren, während bei Lieferungen an die 
Zentralstelle nur der Höchstpreis von 300 M. für die Tonne gezahlt werden konnte, wurde die 
Zuführung von Gerste an die Heeresverwaltung sehr erschwert. Allerdings wurden der Zentral 
stelle zu Beginn des Erntejahres 1915 verhältnismäßig größere Mengen angeboten, weil die 
Landwirte damals die einschlägigen Bestimmungen noch nicht genau kannten. Nachdem die 
Reichsfuttermittelstelle aber darauf hingewiesen hatte, daß zunächst die von ihr anerkannten 
Bedürfnisse der Gerste verarbeitenden Betriebe befriedigt werden sollten, mußte sich die Zentral 
stelle in der Abforderung von Gerste Zurückhaltung auferlegen und darauf beschränken, der 
Heeresverwaltung Gerste nur für die Zwecke der Viehdepots zuzuführen. Im weiteren Verlauf 
des Erntejahres wurden dann der Zentralstelle überhaupt nur noch ganz geringe Mengen Gerste 
angeboten. Daran änderte auch die Bundesratsverordnung vom 17. Januar 1916 zur Herbei 
führung der beschleunigten Ablieferung von Gerste und Hafer (Reichs-Gesetzbl. S. 40) wenig. 
Während infolge der besonderen Vergütung sehr große Mengen Hafer eingeliefert wurden, ließ 
sich eine Wirkung hinsichtlich der Einlieferung von Gerste kaum erkennen. Das ist durchaus zu 
verstehen, denn nachdem diese besondere Vergütung durch die Bundesratsverordnung festgesetzt 
war, boten die Gerste verarbeitenden Betriebe den Landwirten noch höhere Preise, als sie die 
Zentralstelle selbst auf Grund dieser Bundesratsverordnung zahlen konnte. Demzufolge lieferten 
die Landwirte ihre Gerste nach wie vor, soweit es irgend möglich war, an Betriebe mit 
Kontingent. 
Durch Verfügung vom 1. Mai 1916 hat die Reichsfuttermittelstelle die Kommunal 
verbände veranlaßt, alle in ihrem Bezirk befindlichen der Enteignung unterliegenden Mengen 
Gerste von den Besitzern abzufordern und nach Anweisung der Zentralstelle abzuliefern. Die 
Zentralstelle hat daraufhin allen Kommunalverbänden Verladeaufträge erteilt. 
Die Bundesratsverordnung vom 28. Juni 1915 hatte bestimmt, daß die bei der 
Verarbeitung von Gerste abfallende Ausputzgerste der Zentralstelle zur Verfügung zu stellen 
sei. Die Zentralstelle hat demgemäß alle Gerste verarbeitenden Betriebe angewiesen, ihr all 
monatlich anzugeben, welche Mengen Ausputzgerste bei der Verarbeitung ihrer Gerste abgefallen 
sind. Diese Ausputzgerste wurde sodann im Einvernehmen mit der Reichsfuttermittelstelle den 
Landes- bezw. Provinzialverteilungsstellen zur Verteilung als Geflügelfutter überwiesen. 
zs
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.