— 87 —
vielfach auch besondere Gelasse und Räume zur Aufbewahrung
der Pflichtexemplare^), ist also mit erheblichen Kosten verknüpft.
Wesentlich erhöht worden sind die Kosten des Postzeitungs
vertriebs durch das mit Beginn unseres Jahrhunderts neu
eingeführte sogenannte „Ueberweisungsverfahren für Verleger-
exemplare"^) Dieses Verfahren besteht darin, daß jeder Verleger
Abonnements von Beziehern, die er selbst namhaft macht, gegen
Bezahlung der Zeituugsgebühr der Post schriftlich anmelden
— „überweisen" — kann. Zu der Ueberweisnng werden
Listen benutzt, die alle für einen Bezugsort gleichzeitig an
zumeldenden Zeitungsexemplare — oft sind dies Dutzende,
ja Hunderte — näher bezeichnen. Das Ueberweisungsverfahren
hat erhebliche technische Schwierigkeiten, umständliche Buchungen,
Berechnungen und Kontrollen, vor allem einen umfangreichen
Schriftwechsel für die Post zur Folge. Es verteuert den
Postzeitungsvertrieb ungemein.^)
Die vorstehenden Erörterungen lassen erkennen, daß die
Selbstkosten des Postzeitungsvertriebs infolge von Preissteige
rungen, Lohnerhöhungen, Besoldungsaufbesserungen und Hin-
1) „Man hat gesagt, man sollte die Zeitungen sammeln und am
Ende des Jahres das Gewicht feststellen. Ja, ich frage Sie: Welche
Häuser müßte der Reichstag bewilligen zu bauen, um die Zeitungen
unterzubringen!" (Staatssekretär von Podbielski, Stenogr. Ber. 1898/00
Bd. II S. 1702). „In Fachwerken mit über 2000 Fächern werden hier
(im Berliner Postzeitungsamt) die Pflichtexemplare . . . angesammelt"
(Archiv 1913 S. 170).
2 ) Resolution des Reichtags: „Dem Verleger einer im Reichs-
Postkatalog eingetragenen Zeitung wird gestattet, für die von ihm ge
wonnenen Abonnenten selbst die Bestellung aufzugeben" (Stenogr. Ber
1898/00 Bd. IV S. 2876.)
3 ) Stenogr. Ber. Bd. 235 S. 7362. — Da der größte Teil der
Blätter, die jetzt „überwiesen" werden, früher als Drucksachen - die
höheren Gebühren wie die Postdebitszeitungen unterliegen - versandt
wurde, erleidet die Post auch beträchtliche Mindereinnahmen an Druck
sachenporto. Ein werktäglich erscheinendes Blatt im Jahresgewicht von
45 kg brachte bei der Versendung als Drucksache jährlich rund 30 M.
Porto für ein Exemplar ein. Als der Verleger dazu übergegangen war,
das Blatt zu „überweisen" erhielt die Post für ein Exemplar nur die
gesetzliche Zcitnngsgebühr in Höhe von 24+90+390=504 Pf. jährlich.
Hierzu kamen günstigstenfalls noch 168 Pf. Bestellgeld im Jahr, so daß
die Post statt der früheren 30 M. nur 6 M. 72 Pf- jährlich erhielt.
Bei einer Auflage von 1360 Exemplaren betrug der Einnahmeausfall
1360 mal 23, 28 — rd. 31660 M. jährlich.