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Soweit der mühelose Erwerb des Aktionärs den
Gegenstand der Angriffe bildet, sind wohl nicht viel Worte
nötig. Das Einkommen des Rentners ist nicht weniger
mühelos; wenn es keine Aussicht auf Steigerung hat, ist
es dafür weniger gefährdet. Solche Einnahmen mißbil
ligen, heißt also einfach antikapitalistisch sein — das ist
gewiß ein Standpunkt, aber kein solcher, der einer prak
tischen Wirtschaftspolitik heute zu Grunde zu legen ist.
Ernsthaft in Frage kommen kann somit nur, ob es für
die Gesamtheit vorteilhafter ist, wenn gewisse Unterneh
mungen verstaatlicht (oder auch verstadtlicht) werden.
Die Erfahrungen, die wir bisher gemacht haben, sind kei
neswegs ermutigend. Der Staat (und nicht minder die
Stadt) verwaltet schlecht und teuer, vor allem, weil Be
amte im allgemeinen sich für die Leitung von gewerb
lichen und kaufmännischen Betrieben nicht eignen. Das
hat sich schon vor dem Kriege gezeigt, am deutlichsten
aber wohl in der bürokratischen Behandlung der Ernäh-
mngs- und sonstigen Kriegswirtschaftsangelegenheiten.
Es liegt eben in dem Wesen des öffentlichen Beamten,
die Verantwortung zu scheuen, das Handeln auf eigene
Gefahr zu meiden, sich bei jedem Schritt durch eine Vor
schrift oder einen Auftrag decken zu wollen. Das geschäft
liche Leben aber, das rasche Entschlüsse, selbständiges
Handeln erfordert, verträgt ein solches Vorgehen nicht.
Diese Eigenschaften machen auch eine übergroße An
zahl von Angestellten erforderlich, und sie bewirken den
schleppenden und unregelmäßigen Gang der Geschäfte.
Ein Teil dieser Mängel tritt wohl auch bei großen Privat
instituten zutage; doch werden sie dort zumeist durch
den interessierten Eifer der leitenden Personen ein
geschränkt. Dem staatlichen Unternehmen fehlt auch fast
immer der Ansporn, der im Wettbewerb liegt. Alle Nach
teile, die jedes Monopol für die Gesamtheit hat, kommen
zur Geltung. Anders bei den privaten Unternehmen: die
Rücksicht auf den Wettbewerb zwingt sie, den Bedürf
nissen und Wünschen ihrer Geschäftsfreunde tunlichst zu
entsprechen. Welche Rolle dieser Umstand beispielsweise
bei den Versicherungsgesellschaften spielt, ist jedem Kun
digen wohl bewußt.
Der Staat als solcher würde also aus den verstaat
lichten Unternehmen keineswegs auch nur annähernd die
Vorteile erzielen, die der Private oder eine gut geführte
Gesellschaft hätte. Er würde auch sicherlich seine Lie
feranten und seine Abnehmer weit ungünstiger behandeln.