III. K. u. k. Militärverwalkung in Polen.
Verordnung desArmeeoberkomman-
bauten v o n> 23. April 1915, betreffend
das Verbot von Zahlungen und die Anzeige
pflicht von Schulden nach feindlichen Staaten.
Auf Grund der Mir kraft Allerhöchsten Ober
befehles übertragenen Befugnisse der obersten Zivil- und
Militärgewalt finde Ich für die in österreichisch-unga
rischer Militärverwaltung stehenden Gebieten Polens
(Okkupationsgebiet) anzuordnen, wie folgt:
A. Zahlungsverbot.
§ 1. Es wird bis auf weiteres verboten, an An
gehörige von Rußland, von Großbritannien, Irland
und der britischen Kolonien und Besitzungen, ferner
von Frankreich und seinen Kolonien sowie an Per
sonen, die in diesen Gebieten ihren Wohnsitz (Sitz)
haben, mittelbar oder unmittelbar in bar, in Wechseln
oder Schecks, durch Überweisung oder in sonstiger Weise
Zahlungen zu leisten sowie Geld oder Wertpapiere
mittelbar oder unmittelbar nach diesen Gebieten zu
überweisen.
Dieses Verbot gilt insbesondere auch gegen jeden
Erwerber des Anspruches, der ihn nach dem Beginne
der Wirksamkeit dieser Verordnung erworben hat.
8 2. Für Wechsel und Schecks, die unter dieses
Zahlungsverbot fallen, wird die Zahlungszeit, die Frist
für die Präsentation zur Zahlung und für die Protest
erhebung bis auf weiteres hinausgeschoben.
8 3. Die 88 1 und 2 finden keine Anwendung
auf Zahlungen in der österreichisch-ungarischen Mon
archie oder im Okkupationsgebiet an Angehörige der in
8 1 genannten Staaten, die in der österreichisch-unga
rischen Monarchie oder in den von österreichisch-unga
rischen oder deutschen Truppen besetzten Gebieten
Polens ihren Wohnsitz haben, ferner auf die in der
österreichisch-ungarischen Monarchie oder im Okkupations
gebiete zu bewirkende Erfüllung von Ansprüchen, die
für Angehörige solcher Staaten im Betriebe ihrer in
der österreichisch-ungarischen Monarchie oder im Okku
pationsgebiete befindlichen Niederlassungen ent
standen sind.
Die Leistung von Unterstützungen an Angehörige
der österreichisch-ungarischen Monarchie bleibt ge
stattet.
8 4. Dem Etappenoberkommando bleibt vorbe
halten, Ausnahmen von dem Verbote des 8 1
zuzulassen.
8 5. Für die Dauer des Verbotes können Verzugs
zinsen nicht gefordert werden.
8 6. Der Schuldner kann sich dadurch befreien,
daß er die geschuldeten Beträge oder Wertpapiere bei
der Kassa eines Armee-Etappenkommandos im Okku
pationsgebiete hinterlegt.
8 7. Das von der kaiserlich russischen Regierung
erlassene Verbot der Zahlung, Überweisung oder son
stigen Übertragung von Geldsummen, Wertpapieren,
Silber, Gold, Platin und jeglicher Art von Edelsteinen
sowie Erzeugnissen aus den erwähnten Metallen oder
Steinen an österreichische, ungarische, deutsche oder
türkische Staatsangehörige, Anstalten oder Gesellschaften
ist aufgehoben.
8. Anzeigepflicht.
8 8. Alle ans Geld oder Wertpapiere lautenden
Guthaben und Forderungen, die den im 8 1, Absatz 1,
bezeichneten Personen zustehen, müssen voni Schuldner
dem Armee-Etappenkommando seines Aufenthaltsortes
binnen vierzehn Tagen angezeigt werden.
8 9. Der Anzeigepflicht unterliegen nicht:
1. Guthaben und Forderungen, die kleiner sind als
fünfhundert Kronen, zweihundert Rubel, fünfhundert
Francs oder zwanzig Pfund; bei wiederkehrenden Lei
stungen (Renten, Unterhaltsbeiträge usw.) ist der
Jahresbetrag der Schuld maßgebend.
2. Ansprüche auf Zahlungen der in 8 3 bezeichn
neten Art.
8 10. Die Anzeigen haben in tabellarischer Form
Name und Adresse des Gläubigers und des Schuldners,
den geschuldeten Betrag und den Rechtstitcl des An
spruches zu enthalten. Sie sind auf dem Umschlage
mit dem Vermerk „über amtliche Aufforderung" zu be
zeichnen und genießen Stempel- und Portofreiheit.
<2. Straf- und Schlußbestimmungen.
8 11. Wer vorsätzlich der Vorschrift des 8 1 zu
widerhandelt oder dies versucht, wird vom Gerichte des
Kreiskommandos seines Aufenthaltsortes, wenn nicht
nach anderen Strafgesetzen eine höhere Strafe verwirkt
ist, mit strengem Arrest von einem Monat bis zu einem
Jahr oder mit Geldstrafe bis zu fünfzigtausend Kronen
bestraft. Neben der Freiheitsstrafe kann Geldstrafe bis
zum bezeichneten Ausmaße verhängt werden.
Wer in anderer Weise einer Vorschrift dieser Ver
ordnung zuwiderhandelt, wird vom Gerichte des Kreis
kommandos seines Aufenthaltsortes mit Geldstrafe bis
zu zweitausend Kronen oder mit Arrest bis zu sechs
Monaten bestraft.
8 12. Diese Verordnung tritt mit dem Tage ihrer
Kundmachung in Kraft.
(Verordnungsblatt der k. u. k. Militärverwaltung in
Polen, III. Stück, ausgegeben am 23. April 1915.)