Full text: Die Berliner Arbeiterbewegung von 1890 bis 1905

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Reben Luxusvororten, Jndustrievororten und Arbeiterwohnvororten gehören 
Zum sozialdemokratischen Groß-Berlin auch noch eine Anzahl richtiger Dörfer 
und Landstädte. Aber dies ist selbstverständlich nicht die Folge von irgend 
welcher Willkür von seiten der Partei. Lier war es ganz einfach die 
bestehende Wahlkreiseinteilung, bei der man sich um organische Beziehungen 
nicht gekümmert hatte, die jene Abgrenzung vorschrieb. Da die beiden Reichs 
tagswahlkreise, die Berlin umgeben, zu mehr als zwei Dritteln ihrer Be 
völkerung organisch zu Berlin gehören, mußte der restliche Teil mit in das 
Groß-Berlin der Sozialdemokratie, die sich nach Wahlkreisen gliedert, ein 
bezogen werden. 
Wie verteilt sich nun die Bevölkerung von Berlin und Amgegend 
nach Berufen und Klassen, und wie hat sich ihre Berufs- und Klassen 
gliederung in den Jahren entwickelt, die wir hier zu betrachten haben? 
Eine besondere zusammenfassende Statistik für eines der drei als Groß- 
Berlin bezeichneten Gebiete gibt es hierüber nicht, wohl aber liegen ver 
gleichsfähige Zahlen für die größten hierher gehörigen Orte und Bezirke vor. 
Aber die Entwickelung der Fabriken sowie der den Fabriken gesetzlich 
gleichgestellten gewerblichen Betriebe geben uns die Berichte der Gewerbe 
inspektoren für den Jnspektionsbezirk Berlin Auskunft, der bis 1900 aus 
Berlin und Charlottenburg bestand, seitdem aber auch Rixdorf, Schöne 
berg und Wilmersdorf umfaßt, so daß er unter dem Gesichtspunkt der Ein 
wohnerschaft mehr als drei Viertel von Groß-Berlin darstellt. In der ersten 
Epoche, von 1890 auf 1900, sehen wir in Berlin und Charlottenburg, während 
die Bevölkerung um etwas über 25 Prozent zunimmt, die Zahl der Fabriken 
und fabrikmäßigen Betriebe von 5186 auf 9774, das heißt um 88,5 Prozent, 
und die der in diesen Unternehmungen beschäftigten Arbeiter von 159505 
auf 229228, das heißt um 43,7 Prozent sich vermehren. In der zweiten 
Epoche, von 1901 auf 1905, vollzieht sich in dem vergrößerten Inspektions 
bezirk folgende Entwickelung: 
>Ml ,905 frÄ! 
Gesamtbevölkerung 2 295 000 2 574 000 12,2 
Fabriken und fabrikmäßige Anlagen ... 10 740 13 646 27,1 
Zn diesen Betrieben beschäftigte Arbeiter. 233 762 285 915 22,3 
In beiden Epochen hat sich sowohl die Zahl der Fabriken wie die der 
in ihnen beschäftigten Arbeiter schneller vermehrt als die der Gesamt 
bevölkerung, aber in beiden Epochen ist zugleich die Zahl der Fabriken und 
fabrikmäßigen Anlagen schneller gestiegen als die Zahl der in ihnen be 
schäftigten Arbeiter. Der Durchschnitt der Zahl der Arbeiter pro Betrieb 
ist jedesmal zurückgegangen. Er war 1890 für den damaligen Zählungs 
bezirk 31 Arbeiter pro Betrieb, 1905 aber nur 21 Arbeiter pro Betrieb. 
Das bedeutet indes durchaus noch nicht einen entsprechenden Rückgang 
oder auch nur Stillstand in der Entwickelung zum Großbetrieb, sondern 
gibt nur die Tatsache wieder, daß immer mehr ehedem außerhalb des 
Fabrikgesetzes stehende Kleinbetriebe zu Motorenbettieben sich entwickelt 
haben, die nun dem Fabrikgeseh unterstehen. Es ist ein technischer Auf 
stieg, der es bewirkt, daß die Durchschnittsgröße der Fabriken in einer 
Epoche plötzlich verringert erscheint, in der tatsächlich in Berlin mehr no ) 
als im Staatsdurchschnitt die Groß- und Riesenbetriebe an ut l 
Amfang steigend zunehmen. Wohl wird in dieser Zeit mancher ''rop-
	        
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