ERSTER TEIL: .GEOGRAPIISCHE GÜTERLEHRE
den 65.°, von dort durch die gewaltige Strecke Innerasiens bis zum Lenaknie
zwischen dem 60. und 62.°. Bei Jakutsk aber biegt sie scharf nach S um
und schneidet die Küste des Pazifischen Ozeans unter dem 50. Breitenkreis.
Einen ähnlichen Verlauf nimmt sie in der Neuen Welt, indem sie im W
Nordamerikas, im Flußgebiet des Mackenzie, die nördlichste Lage bei etwa
61° hat, um nach O hin erst schnell, dann langsamer sich südlich zu senken
und im Golf von St. Lorenz den Atlantischen Ozean wiederum unter etwa 50°
zu erreichen. — Während die Südenden Afrikas und Australiens noch in Zonen
liegen, die den Anbau der verschiedensten Körnerfrüchte gestatten, liegt die
südliche Getreidegrenze Amerikas auf einer Linie, die vom 41. Breiten-
kreis an der Westküste zum 45. an der Ostküste verläuft, so daß Patagonien
zum größten Teil vom Getreidebau ausgeschlossen bleibt. — Im Norden sehen
wir die Getreidegrenze mit der Annäherung an das Meer im allgemeinen süd-
wärts zurückweichen, was den Schluß zuläßt, daß das ozeanische Klima mit
seinen kühlen Sommern dem Getreidebau ungünstig ist. Daraus erklärt sich
zuch die verhältnismäßig äquatornahe Lage der Getreidegrenze in Südamerika,
Die auffallend niedrige Lage der nördlichen Getreidegrenze an der Ostküste
Amerikas und Asiens ist örtlich bedingt durch kalte, polare Meeresströmungen,
wie umgekehrt der warme Golfstrom an der Westküste Europas den Getreide-
bau bis weit über die Polargrenze hinaus ermöglicht.
DIE GEOGRAPHISCHE VERBREITUNG
DER KÖRNERFRÜCHTE
Gerste, Hafer und Roggen sind besonders bezeichnend für die
kühlgemäßigte Produktionszone, Weizen, Mais und Reis für die
warmgemäßigten und subtropischen Länder, Sorghum oder Durra
ınd andere Hirsearten für die tropischen Gebiete. Doch ist eine scharfe
Abgrenzung nach klimatischen Zonen nicht möglich. So wird Weizen
auch in den kühlgemäßigten, Gerste auch in den warmgemäßigten und
Reis und Mais auch in den tropischen Landstrichen angebaut. — Für
die menschliche Ernährung kommen in den gemäßigten Zonen
hauptsächlich Weizen und Roggen, bei den Völkern Südostasiens der
Reis und in Afrika Sorghum in Betracht. Mais, Gerste und Hafer werden
in der Hauptsache als Viehfutter, die Gerste auch zur Bierbrauerei
verwendet. Doch dienen Mais bei den Völkern Amerikas, in Italien
und Südosteuropa, Hafer und Gerste besonders bei den nordischen
Völkern auch als menschliche Nahrung.
Gerste und Hafer. Die Gerste (Abb. 2) zeichnet sich vor allen
anderen Getreidearten durch ihre kurze Vegetationsdauer aus, d. h.
sie braucht nur verhältnismäßig kurze Zeit zu Wachstum und Reife.
Das ist der Grund, weswegen sie einerseits am weitesten nach Norden
vordringt, so daß die nördliche Grenze ihres Vorkommens zugleich
die nördliche Getreidegrenze überhaupt ist — andrerseits auch in den
Trockengebieten mit kurzer Regenzeit noch anbaufähig ist. So ist die
Gerste ein in der nördlich gemäßigten und subtropischen Zone der
zanzen Welt verbreitetes Getreide, wobei die klimatisch besseren Ge-
biete die nach Güte und Menge hochwertigsten Ernten erzielen. Ihre
Hauptanbaugebiete liegen in den gemäßigten Strichen Europas
und Nordamerikas einerseits, in den subtropischen Gebieten
Asiens und Afrikas andrerseits. Die an der Spitze der Erzeugung
stehenden Länder sind aus der unten folgenden Übersicht zu ersehen.
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