8 Die kommunale Vermögensbesteuerung in Hessen.
und 1874 haben zwar gewisse Verbesserungen gebracht, aber an dem
System nichts geändert. Hätte man sich jetzt nur mit einer Teil
reform der Steuergesetzgebung begnügen wollen, so wäre bei weitem
am dringlichsten die Abänderung der Gewerbesteuer gewesen. Man
entschloß sich indessen, gleich ganze Arbeit zu machen, und das wird
man verstehen, wenn man berücksichtigt, daß an der Spitze des hessi
schen Finanzministeriums seit einigen Jahren ein Staatsmann steht,
der früher lange Zeit an der Spitze einer hessischen Kominune stand
und wie kaum ein anderer geeignet erschien, eine einheitliche, gründliche
und großzügige Kommunalsteuerreform durchzuführen.
Neben den beiden Realsteuern, der Grund- und Gewerbesteuer,
besitzt Hessen zurzeit als dritte, besonders geartete Objektsteuer die
Kapitalrentensteuer, eine Stcuerart, die auch andere Bundesstaaten
mü einem Ertragsteuersystem, namentlich Bayern, haben. In Preußen
besteht sie nicht. Die hessische Kapitalrentensteuer beruht auf den
Gesetzen vom 8. Juli 1884 und 10. Juli 1895. „Ihr sollte", wie
es in der Begründung des neuen Gesetzentwurfes heißt, „die Auf
gabe zufallen, das Kapitalvermögen in gleicher Weise mit einer
Sonderstener zu belegen, wie dies bezüglich des Grundbesitzes und
Gewerbebetriebs durch Grund- und Gewerbesteuer bereits geschehen
war, und damit eine bis dahin bestandene Lücke in der Steuergesetz
gebung auszufüllen. Sie-unterscheidet sich aber in zwei sehr wesent
lichen Punkten von jenen Objektsteuern: die letzteren nehmen zunächst
aus den wirklichen Ertrag des einzelnen Grundstücks oder Gewerbe
betriebs keine Rücksicht, besteuern vielmehr auch den ertragslosen
Grundbesitz und Gewerbebetrieb, während die Kapitalrentensteuer nur
das einen Ertrag bringende Kapital, die wirkliche Rente dieses Kapitals,
trifft. Sodann aber lastet die Kapitalrentensteuer nur auf der reinen
Rente, sie läßt also den Abzug etwaiger Schuldzinsen zu, während
Grund- und Gewerbesteuer ans diese keine Rücksicht nehmen. Die
Kapitalrentensteuer durchbricht also das System der Objektstenern au
zwei wichtigen Punkten, und sie stellt sich eigentlich nur als eine
Vorwegbesteuerung des durch das Vorhandensein von Kapitalvermögen
besonders fundierten Einkoinmenteils dar, die somit 'tue gesteigerte
Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen auch für die Tragung öffent-