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und unberechtigte Gewohnheiten zurückzuführen fei. Bei Sonn
tagsarbeit werde in den Kontoren meist überhaupt nicht intensiv
gearbeitet; der Zwang, am Sonntag, z. B. zur Erledigung der Post
im Geschäft erscheinen zu müssen, fördere die Geschäftsbetriebe
nicht, sondern schädige nur die Sonntagsruhe der Angestellten.
Wenn der Chef die Dispositionen für die Montags- und Sonn
abendsarbeit rechtzeitig treffe und an die Erledigung der Geschäfte
insbesondere der Post rechtzeitig herangehe, dann bedürfe es
keiner Sonntagsarbeit.
Nach alldem kann also auch in Deutschland nicht von einer
Notwendigkeit der Sonntagsarbeit im Großhandel gesprochen
werden.
5. Ganz unberechtigt, kaum einer Widerlegung wert, ist endlich
der Einwand: der Handelsangestellte werde bei Einführung voller
Sonntagsruhe nur Zeit und Geld vergeuden.
Was man dem Fabrikarbeiter zutraut, die kluge Benutzung
der freien Zeit, soll man auch dem Handlungsgehilfen zutrauen.
Die Bildungsbestrebungen unserer Handlungsgehilfenvereine sind
der beste Beweis für den im Handlungsgehilfenstand vorhandenen
Bildungstrieb.
In dieser Beziehung führte der Vorsitzende der Kommission
für Arbeiterstatistik bei der Erhebung über die Arbeitszeit, Kündi
gungsfristen und Lehrlingswesen in offenen Verkaufsstellen mit
Recht aus:
„Es ist gegen die soziale Gesetzgebung immer gesagt worden,
wenn man den Arbeitern längere freie Zeit gäbe, würde sie nur
dazu verwendet werden, sich zu verlustieren, und nicht, um sich
auszubilden. Es ist die Gefahr einer mißbräuchlichen Verwendung
dieser freien Zeit immer wieder greller gemalt worden. Ich
habe vor einigen Tagen Berichte der englischen Fabrikinspektoren
gelesen, die sich dahin aussprechen, daß bei der arbeitenden Be
völkerung dies nicht zutreffe; im Gegenteil, es haben sich Ver
eine gebildet zur weiteren Fortbildung. Man kann also nicht
sagen, daß die Zeit nicht gut verwendet worden ist."
6. Die Lauheit und Gleichgültigkeit mancher Handlungs