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im Frieden sogenannte Kriegsverträge abgeschlossen hatten und auch nach Ausbruch des Krieges
zunächst neue Viehlieferungsverträge schließen durften. Erst durch die am 12. September 1914
zwischen der Zentralstelle und dem Königlich Preußischen Kriegsministerium vereinbarten Grund
sätze wurde festgelegt, daß die stellvertretenden Intendanturen und Proviantämter Verträge über
Viehlieferungen nicht mehr selbständig abschließen durften. Zu diesen Abschlüssen mußte vielmehr
die Vermittlung der Zentralstelle in Anspruch genommen werden. Ende Januar 1915 erhielten
die militärischen Dienststellen auch die Weisung, daß sie die bereits abgeschlossenen Verträge zu
kündigen hatten, soweit ihnen in den Verträgen ein Kündigungsrecht eingeräumt war. Es war
ihnen auch weiterhin gestattet, unmittelbar von Landwirten Vieh zu erwerben.
Soweit der Bedarf an lebendem Vieh nicht durch Ankauf von Landwirten aus erster
Hand gedeckt werden konnte, hatten die militärischen Dienststellen ihren Bedarf bei der Zentral
stelle anzumelden. Die Anmeldung war an bestimmte Termine nicht gebunden; es mußte nur
zwischen der telegraphischen Bedarfsanmeldung und dem Zeitpunkt des Beginns der Lieferung
ein Zeitraum von mindestens 5 Tagen liegen. Bei Stellung kürzerer Frist konnte die Zentral
stelle die Ausführung des Auftrages ablehnen. In diesem Fall war die bestellende Dienststelle
berechtigt, das Vieh — auch aus zweiter Hand — zu ortsüblichen Preisen anzukaufen. Die
Ablehnung einer kürzer als 5 Tage befristeten Bestellung ist jedoch seitens der Zentralstelle in
keinem Falle erfolgt.
Die Bedarfsanmeldung gestaltete sich späterhin im allgemeinen so, daß die militärischen
Dienststellen ihren Bedarf an lebendem Vieh für 8 Tage spätestens 8 Tage vor Beginn der
Lieferung bei der Zentralstelle anmeldeten.
Während anfangs von der Zentralstelle nur der Bedarf des Feldheeres gedeckt wurde,
hatte sie von Beginn des Jahres 1916 an auch die Armeekonservenfabriken und die mit der
Heeresverwaltung im Vertragsverhältnis stehenden Privatkonservenfabriken mit lebendem Vieh zu
versorgen. Der Bedarf der Konservenfabriken wurde der Zentralstelle durch die stellvertretenden
Intendanturen des HI. und IX. Armeekorps derart bekanntgegeben, daß die Intendanturen der
Zentralstelle einen Verteilungsplan, der bis auf weiteres zu gelten hatte, übermittelten. In diesem
Verteilungsplan war angegeben, wieviel lebendes Vieh die einzelnen mit den Intendanturen im
Arbeitsvertrag stehenden Fabriken zur Belieferung der Intendanturen mit Konserven mindestens
benötigten.
Die Zentralstelle beschaffte der Heeresverwaltung Schweine, Rinder und Hammel, im
wesentlichen in fettem Zustande. Mugervieh wurde den einzelnen Etappenintendanturen nur aus
nahmsweise auf Anforderung geliefert. In größerem Umfange wurde Magervieh allerdings im
Frühjahr 1915 im Jnlande beschafft, um es zur Mästung auf die Weiden Nordfrankreichs zu
bringen. Insgesamt gingen etwa 80 000 Stück Rinder dorthin, die dann im Herbst 1915 für
die Versorgung der Westarmeen mit herangezogen wurden.
Die Beschaffung des Viehes ließ sich bis zum Ende des Jahres 1915 durch freihändigen
Ankauf ermöglichen. Der Ankauf erfolgte entsprechend der Höhe des Bedarfes und der jeweiligen
äußeren Umstände in verschiedener Weise.
Bei den geringen Bedarfsanmeldungen im Jahre 1914, bei denen meistens sofortige
Beschaffung zur Bedingung gemacht wurde, erfolgte die Aufbringung des Viehes für die Heeres
verwaltung im wesentlichen in der Art, daß die Landwirtschaftskammern beauftragt wurden, mit
Hilfe der ihnen angeschlossenen Genossenschaften das Vieh nach Lebendgewicht bestmöglichst inner
halb der Grenzen der bestehenden Marktpreise zu beschaffen. Diese Art der Beschaffung blieb
auch fernerhin die vorwiegende. Als aber von Anfang des Jahres 1915 an mit einem steigenden
Bedarf des Feldheeres an lebendem Vieh zur Deckung durch die Zentralstelle gerechnet werden
konnte, schloß die Zentralstelle daneben mit leistungsfähigen Großhändlern Lieferungsverträge
ab, die meistens auf mehrere Monate unter fester Preisvereinbarung befristet waren. Bei dem
schnellen Steige» der Viehpreise im Jahre 1915 wurden den Landwirtschaftskammern durch die
Zentralstelle von Zeit zu Zeit Preisgrenzen für die Beschaffung von Vieh gestellt. Diese von
der Zentralstelle bestimmten Preise hielten sich einerseits innerhalb der Grenzen der jeweiligen
Marktpreise, andererseits waren sie den Händlerpreisen angepaßt.
Die Rechnungen über die Lieferungen wurden von den Lieferanten der Zentralstelle
eingereicht. Diese prüfte die Rechnungen und gab sie dann zwecks Bezahlung an die militärischen