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Private Abrechnungsstellen ohne unmittelbare Mitwirkung der Reichs
bank. Die Reichsbank fördert diese Einrichtung, indem sie einen geeigneten
Raum zur Verfügung stellt. Die sich aus der Abrechnung ergebenden
Spitzen werden durch Überweisung auf Girokonto beglichen. Die hohe
wirtschaftliche Bedeutung der Abrechnungsstellen besteht darin, daß durch
Vereinfachung der Arbeit viel Zeit gespart und der Umlauf von Bargeld *
in hohem Maße eingeschränkt wird.
In V e r l i n findet feit April 1908 durch Vermittlung der Bank des Berliner
Kassen-Vereins täglich mittags eine Scheckabrechnung statt, an der etwa
90 Bankhäuser teilnehmen. Die Technik gestaltet sich anders als bei der Ncichs-
bank-Abrechnung: Die Einlieferungen erfolgen durch Bote» — eine Zusammen
kunft bevollmächtigter Vertreter der einzelnen Firmen behufs Feststellung der
Salden findet also nicht statt — mit zwei summierten Verzeichnissen; eines von
diesen erhält die einliefernde Firma quiitiert vom Kasseuverein zurück. Die
Gesanitsumme wird dem Einliefernden, vorbehaltlich des Eingangs, gutgeschrie
ben. Jeder Teilnehmer läßt nach Schluß der Einlieferung (11 Uhr) durch einen
Boten die gelieferten Schecks mit dem vom Kassen-Verein angefertigten Ber-
zeichnis abholen. Reicht das Guthaben auf Girokonto nicht aus, um den Gesamt-
betrag der Schecks zu decken, so ist für Deckung bis spätestens 1 Uhr Sorge z»
tragen. In dieser Mittags-Scheckabrechnung wurden im Jahre 1926 581 400
Schecks im Betrage von 686,2 Millionen RM verrechnet.
Erheblich größer als in den deutschen Abrechnungsstellen ist der Umsatz
in den Clearing-HäusernEnglandsundderVereinig-
ten Staaten von Amerika. Solange es aber in Nordamerika
keine Zentralbank gab, erfolgte die Begleichung der Salden nicht, wie in
den anderen Ländern, durch Ausschreibung eines Schecks aus die „Bank
der Banken", sondern in barem Gelde oder in Clearing-House-Zertifikaten
(■). S. 94).
Es wurden im Jahre 1926 verrechnet, in runden S u m m c n :
In den deutschen Abrechnungsstellen . . . 56,9 Milliarden NM
Im Londoner Clearing-Honse ..... 89,8 „ £
In den Clearing-Häusern der Ver. Staaten 524,2 „ $
In der Chambre de eompensation, Paris . 647,9
Auf die Provinz ausgedehnt ist das Abrechnungswesen in England durch
das C o u n t r y Clearing: Jede größere Provinzialbank hat in
London ihren Vertreter, der ihre Schecks zum Einzug übernimmt (Ver
merk auf dem Scheck: „London agent“). Der Austausch findet täglich
zwischen 12 und 2 Uhr im Country Clearing in London statt. Erfolgt nicht
innerhalb dreier Geschäftstage Rücklieferung, so gelten die Schecks als bezahlt.