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W. Benary.
[16, 305]
Vorlage 7. Aufgefafst als Mulde, wo was dran ist.
Figur; Es fiel sofort die Struktur in der Mitte auf, die aber nicht
stimmte. Sie fiel immer wieder auf, trotzdem ich wufste, dais sie nicht
stimmte, und störte sehr stark. Die richtige ist sehr gestört durch die an
setzenden Winkel. Die Struktur ist für mich nur dann da, wenn die Grund
linie, die Horizontale, auch wirklich horizontal ist. Jetzt kann ichs
natürlich auch umgekehrt sehen. Störend ist auch die starke Ergänzung
der nach unten ansetzenden Linie zu einer Art Rechteck. Ich hatte die
Vorlagefigur aufserordentlich prägnant und dachte, ich würde sie sehr
schnell finden.
Vorlage 8. Aufgefafst als ein Winkel, wo an dem einen Schenkel
etwas dran sitzt, und das war sehr schwer festznhalten.
Figur; Es sind furchtbar viel solcher Winkel, wo was dran sitzt.
Ich habe immer probiert, ob diese dransitzende Linie in der Richtung
stimmte. Als ich dann den Bogen umgedreht hatte, kam die Figur sehr
schnell heraus, und zwar war das Bestimmende unbedingt die Horizon
tale. Wenn ichs schräg gehalten hätte, hätte ichs wahrscheinlich nicht
gefunden, wahrscheinlich auch nicht bei einer Drehung um 90°. Als die
Horizontale einmal gefafst war, bauten sich die beiden anderen Linien in
ihren Winkeln dran auf, so dafs die Gestalt sehr prägnant wurde.
Zusammenfassung.
Auch hier ist deutlich, dafs sich Vp. ebenso verhält wie in
Versuch a. Die Gestalten werden sicher als Ganze aufgefafst,
doch ist das Drehvermögen schlecht, weil die Gestalt in ihrer
spezifischen optischen Gegebenheit festgehalten, nicht damit ope
riert wird. Dieses Festhalten an der bestimmten Auffassung
der Gestalt widerstrebt einmal der Basalverschiebung, strebt aber
selbst nach einer Orientierung in ausgezeichneten, einfachen
Richtungen; Horizontale und Vertikale zind bevorzugt, Schräge
führt leicht zu Labilität, d. h. die schräg orientierte Gestalt be
wahrt in der Vorstellung keine Prägnanz und Beständigkeit
(Figur 3, 6, 7, 8). Die gute Einprägung der Gestalt führt zu
prägnantem Heraustreten der Figur, wenn sie erst einmal im
Komplex gefafst ist, und zu einem Aufbau der Gesamtgestalt
von dem Fassen einer Linie in der bevorzugten horizontalen
Lage aus (Fig. 8). ’ Auch die Auffassung von Hauptlinien ist
in dieser Beziehung charakteristisch, und es stimmt durchaus
dazu, dafs die Deckung nur bei gleicher Orientierung von Vor
lage und Bogen gelingt, dafs die gefundene Figur sogar
während einer Drehung wieder verloren geht (Fig. 6)
und erst neu wiedergefunden werden mufs. Labilität hängt
immer mit Schrägheit zusammen, da die Horizontale und Verti-